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Rätselgedichte, Rätselreime

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Oskar Ludwig Bernhard Wolff

Oskar Ludwig Bernhard Wolff (* 26. Juli 1799 in Altona; † 13. Sep. 1851 in Jena) war ein deutscher Schriftsteller, Humorist und Pädagoge. Wolff war ein Vielschreiber und veröffentlichte auch unter dem Pseudonym »Plinius der Jüngste«. Er schrieb Romane, Novellen, Humoristika, Gedichte, Reisebriefe, literarische Feuilletons, Anthologien und Lesebücher und half bei der Redaktion von Taschenbüchern und Modejournalen, Pfennigmagazinen und Handwörterbüchern.

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Poetischer Hausschatz des Deutschen Volkes

Ein Buch für Schule und Haus

Sechzehnte, vermehrte, neu bearbeitete und verbesserte Auflage

Verlag: Otto Wigand, Leipzig
Datum:
Seiten: 200
Das Buch beschäftigt sich allgemein mit Poesie; im speziellen gibt es auch ein kurzes Kapitel über Rätsel.
 

Das Rätsel

[Anmerkungen in eckigen Klammern sind von uns.]

Das Rätsel gehört eigentlich nur der äußeren Form nach der Poesie an, denn es ist ein bloßes Spiel des Verstandes, der sich bemüht, einen Gegenstand so darzustellen, dass er alle Merkmale und Eigenschaften desselben schildert, so widersprechend dieselben an und für sich betrachtet auch sein mögen, ohne jedoch den Gegenstand selbst zu nennen.

Das Geheimnisvolle, das in der Darstellung liegt, und das den Verstand zur Lösung jener Widersprüche durch die Auffindung des Namens reizt, bildet das eigentliche Interesse des Rätsels, welches seine höhere Bedeutung darin hat, dass es im Universum gleichfalls, wie in jedem einzelnen abgeschlossenen Wesen, die scheinbar einander vernichtenden Widersprüche dazu beitragen müssen, ein harmonisches Ganzes zu bilden.

Die künstlerische Aufgabe des Rätsels beruht demzufolge auf der scharfsinnigen Auffindung und Zusammenstellung jener Merkmale und der geschickten Umhüllung des Namens in schöner, vom Dichter abhängigen Form.

Diese Umhüllung des Namens von dem dargestellten Gegenstande lässt sich auf verschiedene Weise bewerkstelligen; entweder wird das ganze Wort der Lösung in seiner allgemeinen Bedeutung umhüllt, wie im eigentlichen Rätsel; oder es wird in seine einzelnen Silben zerteilt, und diese nach einzelnen Merkmalen charakterisiert, und zuletzt zusammengefasst, wie in der Scharade; oder es zerfällt in seine Buchstaben, welche durch Trennung und Versetzung mehrere Wörter und daher auch mehrere Rätsel bilden, wie im Logogriph; oder endlich es beruht auf der Versetzung sämtlicher Buchstaben, wodurch neue Wörter und daher auch neue Rätsel entstehen, wie im Anagramm; u.s.w.

[Wir betrachten das Anagramm als Spezialfall des Logogriph, da die Grenze zwischen der Manipulation einiger bzw. aller Buchstaben fließend ist. Auch im Anagramm können ja einige Buchstaben (zufällig) ihren Platz behalten.]

Die Rätsel waren als sinnreiche Beschäftigung des Verstandes schon in frühen Zeiten beliebt und finden sich bei alle Nationen, häufig unter dem Volke am Treffenden und Scharfsinnigen. Gute Rätsel in schöner und poetischer Form lieferten bei den Deutschen: Schiller, Apel, Winkler, I. G. Moser, u.a.m.

[Der Text wurde um 1850 verfasst, spätere Dichter wie Brentano konnten daher keine Erwähnung finden.]

[Es folgen einige Beispiele von Rätseln, die wir hier nicht wiederholen, sondern einfach auf sie verweisen:]


Ich helf' ihm horchen, ich helf' ihm schrei'n,
Und lass es nirgends, nie allein,
Selbst wenn's in Federn ruht.
Drum holet mich auch jedermann,
Er sei arm oder reich.
Und wer mich nicht mehr holen kann,
Den holt der Teufel gleich.

Lösung: Luft?