Wilhelm Neumann (* 15. April 1884 in Breslau; † unbekannt) Arzt in Baden-Baden sowie Verfasser von Aphorismen und Rätseln.
Quelle: Wilhelm Kosch, Deutsches Literatur-Lexikon, 3. Auflage, Band 11, 1988
Verlag: | ? |
Datum: | 1924 |
Seiten: | ? |
2. stark vermehrte Auflage
Verlag: | Drei Masken Verlag A. G., München-Berlin |
Datum: | 1928 |
Seiten: | 190 |
Die Werke von Wilhelm Neumann sind gemeinfrei, da deren Verfasser vor mehr als 70 Jahren verstorben ist.
Wilhelm Neumann hat keine Lösungen angegeben. Ein Lösungsblatt könne vom Verlag angefordert werden, was aber nicht mehr möglich ist, da das Archiv des Drei-Masken Verlags im 2. Weltkrieg komplett zerstört wurde..
Alle bei uns angegebenen Lösungen haben wir bzw. unsere Besucher gefunden. Die Lösungen müssen daher nicht notwendigerweise mit der von Wilhelm Neumann beabsichtigten Lösung übereinstimmen.
Das Lösungswort ist ein Homoionym verschiedenen grammatikalischen Geschlechts; z. B.
Davon zu unterscheiden sind echte Homonyme, z.B.
Siehe auch weiter unten die originalen Vorbemerkungen von Wilhelm Neumann.
# ist die Nummer des Rätsels hier bei uns; ∞ ist die Nummer der Seite mit dem Rätsel in Neues Rätselbuch von 1928 (die Rätsel selbst sind nicht nummeriert).
Die hier vorliegenden Rätselgedichte verdanken ihr Entstehen einer Anregung des verdorbenen Herrn Professor Dr. jur. Philipp Lotmar in Bern. Professor Lotmar erfreute mich öfter durch seine seinen Rätsel und erweckte so die Lust, ihm durch Gegengaben nachzueifern. Der erste Anstoß war gegeben, und da rätselfreudige Freunde Gefallen an den kleinen Gelegenheitsgedichten fanden und immer wieder nach neuen verlangten, kam schließlich eine ganze Sammlung zustande. Vielleicht findet das Büchlein einige verständnisvolle Seelen, denen eine Stunde humorvollen Nachdenkens mehr Freude macht als manche der geistlosen Vergnügungen der Zeit.
Ich habe absichtlich die Lösungen der Rätsel diesem Büchlein nicht beigegeben, und zwar aus zwei Gründen. Erstens sind meine Rätsel leicht lösbar. Ich habe sie oft in heiterer Gesellschaft ausgegeben, und sie wurden immer schnell geraten. Wären die Lösungen hier im Buche zu finden, so würde sein Hauptzweck wohl verfehlt sein, nämlich die Absicht, dem freundlichen Leser und Löser ein wenig Kopfzerbrechen zu machen und ihn zum Nachdenken zu zwingen. Die meisten würden gar zu rasch die Lösung nachschlagen und dabei fast unwillkürlich auch nach den danebenstehenden Auflösungen ein wenig schielen. Dann aber wären die Rätsel keine Rätsel mehr. Und damit würden (und das ist zugleich der zweite Grund) das Interesse, die Neugier und das Vergnügen des Lesers an meinem Büchlein bald erlahmt sein, was mich nicht freuen würde.
Sollte aber jemand trotz aller Mühen die Rätsel als zu schwer ansehen, so hat der entgegenkommende Drei Masken Verlag in München (Karolinenplatz 3) für ihn aus einem besonderen Blatte die Lösungen drucken lassen und sendet sie ihm aus Verlangen gerne zu.
So ist allen Genüge geleistet: denen, die die Beigabe der Lösungen für unrichtig halten, und denen, die da meinen, ohne eine kleine Nachhilfe nicht auskommen zu können. Wenn ich aber den Rätselratern einen Rat geben darf, so würde ich raten, die Rätsel selbst zu raten und von der freundlich angebotenen Eselsbrücke möglichst keinen Gebrauch zu machen.
Baden-Baden, März 1924.
Dr. Wilhelm Neumann.
Zu meiner großen Freude ist die erste Auslage der vorliegenden Rätselsammlung schneller vergriffen, als Verlag und Verfasser zu hoffen wagten. Dass das Büchlein für viele Gemüter den richtigen Ton getroffen hatte, lallen mich die zahlreichen freundlichen Zustimmungen vermuten, die ich aus den verschiedensten Gegenden Deutschlands und deutschsprachiger Länder erhalten habe. Eben diese beifälligen Briese waren es auch, die meinem inneren Drange aus die Beine geholfen haben, von Zeit zu Zeit wieder ein Rätsel zu verfallen. Daher kommt es, dass die neue Auslage des Büchleins viel umfangreicher sich darbietet als die erste. Möge es sich zu den alten Freunden neue gewinnen!
Baden-Baden, August 1928.
Dr. Wilhelm Neumann.
— — So legt der Dichter ein Rätsel,
Künstlich mit Worten verschränkt, oft der Versammlung ins Ohr;
Jeden reuet die seltne, der zierlichen Bilder Verknüpfung,
Aber noch fehlet das Wort, das die Bedeutung verwahrt.
Ist es endlich entdeckt, dann heitert sich jedes Gemüt aus
Und erblickt im Gedicht doppelt erfreulichen Sinn.Goethe, Alexis und Dom.
Die Kunst primitiver Völker war fast immer irgend einem Kulte dienstbar. Es arbeitete der bildende Künstler an der Statue des Gottes, der Dichter sang seine Lieder, um die Krieger zum Kampfe anzufeuern, man tanzte im Tempel und vor der Schlacht. Die Kunst als Spiel, als Selbstzweck kannte man noch nicht oder noch kaum.
Später wurde es anders: Ein sehr großer Teil künstlerischer Betätigung verfolgte keine Zwecke mehr. Die Kunst der Dichter, Maler, Musiker will vor allem um ihrer selbst willen da sein. Ein Sinnenrausch, ein Aufflammen der Seele, befruchtet vom unendlichen Geiste — das ist alles, was sie rein künstlerisch erstrebt. Spiel im edelsten Sinne.
Das Rätsel ist eine gar kleine Pflanze im Garten der Kunst, und doch hat es ganz die 8 gleichen Wandlungen wie die anderen Kunstarten durchgemacht. Die ältesten Rätsel, die wir kennen, waren kein Spiel und dienten nicht ästhetischer Muße. Als Ödipus vor der thebanischen Sphinx stand und aus ihrem Munde das Rätsel vernahm: „Am Morgen geht's aus vier Beinen, am Mittag aus zwei Beinen und am Abend aus dreien", galt es Leben oder Tod für ihn.
Wo die Geschichte des Rätsels beginnt, willen wir nicht. Es ist uns nur bekannt, dass es im Altertume eine große Rolle spielte. Die Welt der Traumdeutung und das Reich der Zauberei sind die Heimat des Rätsels. Bei Ägyptern und Juden und später auch bei den Germanen bergen die Rätsel höchste Weisheit der Priester. Wie wichtig sie genommen wurden, zeigt die Geschichte des Simson (Richter, Kap. 14), die jedem Bibelleser bekannt ist. Eine unglückliche Ehe und dreißig Tote waren hier die grausamen Folgen eines Rätselspieles.
Viel Leid und Kummer haben die Rätsel der schönen Turandot über ihre Zeitgenossen gebracht. Die Mauern der Stadt Peking waren umrahmt von den blutigen Köpfen der liebesdurstigen Fürstensöhne, die vergeblich sich an den Fragen der grausamen Prinzessin versucht hatten.
Homer wurde das Orakel zuteil, er solle sich vor Kinderrätseln hüten. Und es wird berichtet, dass er seinem Schicksale nicht entging. Als der betagte Dichter einst der Heimkehr der Fischerboote beiwohnte, rief er den Fischern zu: „Nun, was habt ihr gefangen?" „Ach, Herr," erwiderten die Fischer, „was wir gefangen haben, das haben wir weggeworfen, und was wir nicht gefangen haben, das bringen wir mit." Sie meinten ihr Ungeziefer. Homer aber konnte dieses Rätsel nicht lösen und grämte sich so sehr darüber, dass er starb.
Mit der Zeit verlor das Rätselraten bei den Alten seinen allzu ernsthaften Sinn und diente freundlicheren Zwecken.
Die Königin von Saba gab Salomon ihre Rätsel aus, um sich an seinem Verstande und an seiner Weisheit zu erfreuen. Die Herrscher des Morgenlandes benutzten Rätselspiele als einen angenehmen Vorwand, um sich gegenseitig freundschaftliche Geschenke zu machen. Und im besonderen die Griechen liebten diese kleinen Kunstwerke als Zeitvertreib bei ihren Symposien. Es wurden Preise ausgesetzt: dem glücklichen Rätsellöser wurde eine bevorzugte Speise, ein erlesener Wein oder ein schönes Kleid dargereicht. Selbst der ernsthafte Sokrates bekam einst für ein gelöstes Rätsel einen Kuss von einer Tänzerin. Wer aber ein ihm ausgegebenes Rätsel nicht lösen konnte, der musste zur Strafe eine Schale mit Salzwasser austrinken.
Die Kunst ist weniger durch enge Ländergrenzen beschränkt als die Menschen. Mit dem Heraustreten der westlichen und nördlichen Länder aus ihrer vorgeschichtlichen Dunkelheit zeigte es lieh, dass auch die Rätselkunst dieser Kulturkreise eine ganz ähnliche Entwicklung durchgemacht hatte, wie wir sie bei den örtlichen und südlichen Völkern sahen. In der Edda finden sich die ältesten nordischen Rätsel. Es sind Weisheits- und Schicksalsfragen, deren tiefer Ernst sich in Form und Wort zu erkennen gibt. Auch hier geht es um Leben und Sterben.
Bei den nordischen Priestern bedeutete Raten soviel wie das Lesen der Runen und der geheimen mystischen Zeichen. In dem englischen Worte »to read« (lesen) ist dieser Zusammenhang noch festzustellen.
Während des Mittelalters werden Form und Inhalt des Rätsels freier, spielerisch und kunstvoll. Noch ist es ganz in den Händen der Mönche und tritt in lateinischem Gewände aus. Aber nicht lange mehr, und das Rätsel wird Gemeingut des Volkes. In England haben wir schon in der zweiten Hälfte des achten Jahrhunderts eine Rätselhandschrift in der heimischen Sprache. Und nun wird die Freude an Parabeln, Allegorien, Scherzfragen, Zahlenrätseln immer größer. Bei allen möglichen Gelegenheiten, bei Hochzeit, Werbung, Spiel, Wettgesang, beim Wandern und in der Spinnstube, aus Seefahrten und im Rollwagen werden Rätsel ausgegeben. Anfänglich sind sie mehr religiösen, später aber weltlichen, sogar stark erotischen Inhaltes. Diese erotischen Rätsel waren, entsprechend dem Zuschnitte der damaligen Zeit, besonders derb und von frivoler Zweideutigkeit. "Während sie selbstverständlich ursprünglich für die Erwachsenen bestimmt waren, wanderten sie später mit mancher anderen Gattung der Volksdichtung in die Kinderstube. Viele unterer bekannten Kinderrätsel haben heute noch leicht erotische Färbung, zumal in Hinsicht aus die Belohnung des glücklichen Erraters. Selbst die Form mittelalterlicher Rätselpoesie findet sich in den Kinderrätseln wieder: anmutige tänzerische Verse mit klanglicher Nachahmung des Wesens oder des Dinges, das geraten werden soll.
Jetzt nimmt auch das Märchen Besitz vom Rätsel: Rumpelstilzchen, Libussa und andere geben Kunde davon.
In vielen Gegenden war es Brauch, dass verurteilte Verbrecher sich von ihrer Strafe befreien konnten, wenn es ihnen gelang, entweder ein Rätsel des Scharsrichters zu lösen oder dem Richter selbst ein Rät sei auszugeben, das dieser nicht zu erraten vermochte. Man nennt diese Gattung Halslösungsrätsel. Auch wurden regierenden Häuptern gerne Rätsel gewidmet, und zwar gewöhnlich zu dem Zwecke, irgendeine Gnade dadurch zu erlangen.
Vom 15. und 16. Jahrhundert ab entstanden Sammlungen von Rätseln, kleine Bändchen in Oktav- und Quartform, die aus Jahrmärkten feilgeboten wurden und viele Käufer fanden. Zahllos sind die Nachdrucke und Neudrucke, in denen neben den Rätseln allmählich mehr und mehr lustige Reime, Spinnlieder und allerlei Kunst- und Vexierstücke Ausnahme fanden. Mit der Zeit wurden die Rätsel ganz aus ihnen verdrängt und gerieten in Vergessenheit.
In deutschen Ländern kamen sie erst mit dem Ausblühen des dichterischen Idealismus und auch späterhin in den Jahren der Romantik wieder zu Ehren. Fast alle großen Dichter jener Zeit haben Rätsel gedichtet und diese Kunstgattung aus das anmutigste belebt. Goethe, Schiller, Körner, Schleiermacher und anderen verdanken wir viele wunderschöne Rätsel. Goethe nannte Schillers Rätsel »entzückte Anschauungen des Gegenstandes«.
Auch in unserer neuesten Zeit ist die Freude am Rätselraten größer, als es bei oberflächlicher Betrachtung scheinen könnte: Franz von Brentanos Rätselbuch hat eine große Anhängerschaft, und die Rätselecken der Wochen- und Monatsschriften werden von den Lesern mit Ungeduld erwartet.
Aber leider ist das Rätsel ganz zum Paria im Reiche der Dichtkunst geworden. Keiner unserer zeitgenössischen Dichter bedient sich dieser Form, und in den Händen der Gelegenheitspoeten wird ihr kaum eine neue Blüte beschert werden.
Das mag an der Zeit liegen. Unsere Tage sind ernst und verlangen von der Dichtkunst Bekenntnis und Ausruf, aber keine ästhetisierende Spielerei. Das Rätsel jedoch will die Dinge nicht sehen und schildern, wie sie sind, sondern es verschiebt den normalen Gesichtspunkt, hebt gerade das Unwichtige und Seltsame hervor, ist unpraktisch, irreführend. Es ist weder realistisch noch idealistisch, weder impressionistisch noch expressionistisch, vielmehr ein etwas verschrobener Kerl, Sonderling und Pedant. Aber auch dieser Sonderling kann in festlichem und schönem Kleide daherkommen und viel Freude und Ergötzlichkeit bereiten.
Das Rätsel erweckt in uns Lust, die Dinge neu und seltsam zu sehen und sie in Verbindungen zu betrachten, die uns sonst ungewohnt sind. Auch schärft es den Sinn für die Eigenart der Sprache.
Fragt man sich, wie ein Rätsel eigentlich gestaltet sein muss, um den Beinamen »schön« zu erhalten, so ist die Antwort daraus nicht leicht zu geben. Die Ästhetik des Rätsels ist noch nicht geschrieben worden. Zweifellos ist das Anziehendste an einem schönen Rätsel die vollendete Form. Wenn ich in einer Gesellschaft ein Wort zum Raten ausgebe, so ist ein Unterschied der Wirkung vorhanden, je nachdem ich die Ausgabe in gewöhnlicher Prosa oder in einem Gedichte sage. Die Aufmerksamkeit aller hebt sich bei einem schön gedichteten Rätsel, und sogleich hat es Freunde gewonnen.
Wenig gelungen ist ein Rätselgedicht, wenn seine einzelnen Bilder nicht in irgendeiner Weise miteinander verknüpft sind. Lässt eine solche Verknüpfung auch oft seltsame Widersprüche oder gar Unsinniges zustande kommen, so schadet das nichts, sondern betont nur das Humoristische des Rätsels. Vorausgesetzt ist dabei selbstverständlich, wie immer und überall, das künstlerische Maßhalten. Es gibt indessen eine scheinbare Zusammenhanglosigkeit, eine Sprunghastigkeit, wie sie zum Beispiel im Volksliede vorkommt, in deren Gewände ein Rätsel dennoch schön sein kann.
Zur Erläuterung des eben Gesagten mögen folgende Beispiele dienen. Das Wort „Pechvogel" soll in einer Scharade ausgedrückt werden; zwei Rätseldichter versuchen sich zugleich an dieser Ausgabe. Der eine von beiden dichtet:
Das Erste klebt,
Der Zweite schwebt,
Das Ganze meist im Unglück lebt.
Der andere aber bringt das folgende Gedicht zustande:
Fliehe, schöner Zweiter, Flieh den Ersten schnell;
Flieg zum Wald, flieg weiter, Klebst sonst an der Stell',
Kannst nicht springen, tanzen, Füsslein schwärzet sich,
Und wie bei dem Ganzen Frisst nur Unheil dich.
Das erste Rätselgedicht ist wenig befriedigend: es beliehen hier keinerlei Beziehungen der einzelnen Teile zueinander. Beim zweiten aber sind diese Teile zu einem anmutigen Bilde verschmolzen; dadurch gewinnt es an Schönheit.
Wiederum sind in dem nun folgenden Homonym, dessen dreifache Lösung dem Leser überlallen werden soll, die Rätselbilder nicht miteinander verknüpft, und doch besteht ein Zusammenhang, ähnlich dem, wie er in sprunghaften Volksliedern zum Ausdrucke kommt.
DER ZAUBERER
Berge und Wälder, Meere und Länder,
Schlängelnder Flüsse Silberne Bänder
Lass ich euch schaun.
Der goldene Himmel Will mich schier erdrücken —
Holde Frau'n,
Ich komme bald, Euch wunder schön zu schmücken.
Hier wird die Zusammenhanglosigkeit der einzelnen Bilder nicht als unschön empfunden, weil Form, Rhythmus und der lyrische Geilt des Ganzen sie wieder ausheben.
Erforderlich für ein gutes Rätsel ist es auch, dass es nicht allzu lang sei. Es gibt sogar eine Fülle von Rätseln, deren größter Reiz in der Kürze besteht. Allerdings soll der Rätseldichter darin nicht zu weit gehen: ein Rätsel mit zu wenig Beziehungen ist oft schwer lösbar und macht dann mehr Kopfzerbrechen als Freude, oder es führt zu einer salschen und damit unbefriedigenden Lösung.
Nicht für jedermann hat das Rätsel einen Reiz, und es ist nicht uninteressant, nachzuforschen, welchen Menschen das Rätselraten Vergnügen bereitet. Aus der Geschichte und auch am Beispiel der uns umgebenden Persönlichkeiten werden wir bald erkennen, daß es vor allen Dingen künstlerisch und philosophisch veranlagte Naturen sind, die Lust am Rätselraten haben. Ich brauche nur an Rätselfreunde wie König Salomon, die Humanisten, die französischen Enzyklopädisten, an Goethe, Schiller, Schleiermacher, Fechner, Franz Brentano zu erinnern, um zu zeigen, dass die Beschäftigung mit philosophischen und künstlerischen Problemen aus der gleichen Veranlagung wie die Beschäftigung mit dem Rätsel beruht. Damit steht durchaus nicht im Widerspruche, dass Kinder Freude am Rätselraten haben. Aristoteles sagte einmal, dass das Erstaunen der Vater der Philosophie sei. Und gerade den Kindern ist die schöne Fähigkeit des Staunens in hohem Grade gegeben, während wir Erwachsenen sie leider ost verloren haben. Oberflächliche Naturen, Men sehen, die nur dem Tage und öder Geselligkeit leben, haben keinen Sinn für Rätsel.
Es wäre darum ein erfreuliches Zeichen, wenn die erwachsene Jugend bei ihren geselligen Zusammenkünsten ihren Witz weniger an lockeren Anekdoten als an Rätseln üben wollte. Vielleicht stellen sich dann unsere großen Dichter auch wieder gerne in den Dienst einer unscheinbaren und doch so erfreulichen Kunstbetätigung.
Bei der Bezeichnung der einzelnen Rätselarten hielt ich mich im allgemeinen an die von Franz Brentano in seinem Rätselbuche »Aenigmatias« (Verlag C. H. Beck, München, 2. Auslage 1909) gebrauchten Namen. Die eigentlichen Rätsel bilden die vornehmste Gruppe ihrer Gattung. Bei ihnen kann sich die Phantasie des Dichters aufs schönste zeigen.
Was ein Homonym ist, brauche ich hier nicht zu erklären.
Unter dem Sammelnamen Homoionym sind alle diejenigen Rätsel zusammengefasst, bei denen die zu ratenden Worte nicht ganz gleich sind, sondern durch kleine Äußerlichkeiten voneinander abweichen. So zuerst diejenigen Homoionyme, bei denen das Rätselwort das eine Mal in zwei oder mehr Teile getrennt, das andere Mal in einem Worte zusammengeschrieben (vereint) ist. Beispiele hierfür sind: »mit Gift« und »Mitgift« oder »ein Fach« und »einfach«. Hierher gehören weiterhin alle die Worte von gleichem Äußeren, bei denen die Betonung wechselt und die dadurch andere Bedeutung gewinnen. »Übersetzen« eines Buches und das »Übersetzen« über den Fluss, die Stadt »Erlangen« und das Zeitwort »erlangen« zeigen deutlich, was gemeint ist.
Zu den Homoionymen gehört auch noch eine dritte Gruppe von Rätseln, die ich unter dem neuen Namen »Er- und Sie- Rätsel« abgetrennt habe. Hier handelt es sich um solche Worte, bei denen das eine wie die weibliche Form des anderen anmutet; zum Beispiel »der Bach« und »die Bache« oder »der Lampe« und »die Lampe«. Diese Art von Rätseln ist noch recht unbekannt. Mir sind außer zweien, die von Brentano stammen, noch keine zu Gesicht gekommen.
Scharaden sind sehr beliebte Rätsel. Als Unterarten treten in diesem Buche aus Homonymscharaden und eine Doppelscharade, deren Wesen sogleich klar wird, wenn man sich hinter ihre Lösung macht.
Schwierig sind die Scharadoide oder — wie ich sie nennen möchte — »versteckten Scharaden« zu lösen, bei denen das zusammengesetzte Wort nicht in seine natürlichen Bestandteile, sondern in solche Worte zerlegt wird, die zufällig auch noch in ihnen — gewissermaßen versteckt — vorhanden sind. Etwa, wie man das Wort »Eidotter« nicht nur in »Ei« und »Dotter« zerlegen kann, sondern auch noch in »Eid« und »Otter«. Oder »Transport« in »Tran« und »Sport«. Dadurch entsteht etwas Witzartiges, was die Lösung mitunter recht erschweren kann.
Schließlich findet sich noch ein Buchstabenrätsel von besonderer Form vor.