Das Rätselwerk von Alfred Neumann ist sehr umfangreich, daher haben wir jedem Buch eine eigene Seite gewidmet: Delphi, Rätseldichtungen, Rhodus, Sais und Tunkal.
Neue Rätsel-Dichtungen
Verlag: | Saturn-Verlag, Wien |
Datum: | 1935 |
Seiten: | 257 |
Gegenwartsdeutsch »dunkel«, Mittelhochdeutsch »tunkel«, Althochdeutsch: »tunkal«, Urgermanisch »dunkwaz« (Alt-Norwegisch »dökkr«, Holländisch »donker«).
Wir veröffentlichen die Rätsels Alfred Neumanns mit freundlicher Genehmigung von
Alfred Kim Guggenheim
675 North Bundy Drive
Los Angeles, California 90049, USAMail: kimguggenheim(at)gmail.com
dem Inhaber der Autorenrechte an den Werken von Alfred Neumann.
# | ist die Nummer des Rätsels hier bei uns; |
∞ | ist die Nummer des Rätsels in Tunkal von 1935. Die Rätsel sind kapitelweise nummeriert: R-xx (Sinnrätsel), H-xx (Homonyme), S-xx (Scharaden), Si-xx (Scharadoide), L-xx (Logogriphe und Steigerungsrätsel), F-xx (Füllrätsel), A-xx (Anagramme), P-xx (Palindrome), K-xx (Kernrätsel, von Neumann als Kapselrätsel bezeichnet.) |
In der Einleitung zu meinem »Irrgarten« (1928), dem ersten Versuch einer ästhetisch genügenden und wissenschaftlich brauchbaren Blütenlese deutscher Kunsträtsel von den Klassikern bis zur Gegenwart, ward noch ein anderer Versuch, der einer Geschichte dieser besonderen Gattung erstmals gewagt, zog ich die Linien, die vom Rätsel der Urzeit (denn bis in diese tauchen die Wurzeln hinab) durch Altertum, Mittelalter, Renaissance, Barock usw. bis zu der ersten Blütezeit vor und in der Biedermeierzeit, zu der Philosophen-Trias Schleiermacher, Fechner, Brentano und zu der wenigstens quantitativen Hochkonjunktur nach dem Weltkrieg führen.
Was dort festgestellt wurde, hier sei es nicht wiederholt; auch auf die ausgewählte Bibliographie zu Ende jenes Büchleins sei nur eben verwiesen. Freilich müsste sie heute, nach Verlauf von Jahren, selbst bei strenger Auswahl um mehr als einen Namen, mehr als einen Buchtitel vermehrt werden, und gewiss nicht fehlen dürften in solch einem Nachtrag neben dem Philosophen Kafka, dem Juristen Karl Wolff (mit dessen Gattin) zwei Neumänner, Wilhelm in Baden-Baden, Verfasser eines auch äußerlich anmutigen »Rätselbüchleins«, und der Wiener Alfred, der in rascher Folge die Sammlungen »Sais«, »Rätseldichtungen« und das vorliegende »Tunkal« (alle Wien, Saturn-Verlag) veröffentlicht hat und vielen Lesern, einschließlich des Unterzeichneten, unbekannterweise ein willkommener Gesellschafter, mehr: ein lieber Freund geworden ist.
Ihm gebührt unter den Rätseldichtern der Rang Lope de Vegas, die Anerkennung erstaunlicher Fruchtbarkeit. Wer da glaubt – und ich selbst meinte es oft genug –, dass der Vorrat, den Leben und Sprache dem Rätsel bieten, erschöpft sei wie ein Goldbergwerk der Tauern, dass alles nur irgendwie »Rätselhafte« seinen Dichter schon gefunden habe, wer das glaubt, wird durch unsern neuen Aenigmatias eines Besseren belehrt. Denn aus allen Richtungen der Windrose, aus allen Gebieten des gesellschaftlichen Lebens, der Wissenschaft, der Kunst, der Technik, der Wirtschaft strömen ihm neue Themen zu und er erweitert, wie freilich schon der oder jener vor ihm, seinen Horizont noch durch Heranziehung fremder Sprachen, altklassischer und moderner, so dass er schließlich wie Helena im »Faust« ein grenzunbewusstes Reich beherrscht.
Diesem Glück im Finden und Erfinden gesellen sich Scharfsinn, Witz, Humor, und den nötigen Spielraum für seine oft zu hübschen Geschichtchen erweiterten Gedichtchen gewähren die von ihm bevorzugten (um meistersingerlich zu reden) überlangen Verse. Leicht zu lösen sind seine Rätsel ebensowenig wie die der Vorgänger (und wohl auch Ahnherrn) Fechner, Brentano und der ebenfalls professoralen Verfasser des »Labyrinths« (1925); ja einzelne bleiben selbst geübtem Blick und gewandter Hand wirklich so dicht umschleiert wie das Bild zu Sai's oder Tunkal, dunkel wie die Nacht. »Doch sag' ich nicht, dass dies ein Fehler sei«, im Gegenteil, hierin liegt ein Vorzug. Allerdings muss jedes richtige Rätsel, wenn auch nicht gerade heute und von dir oder mir, lösbar sein, irgendwo muss das Ende eines Fadens hervorgucken, der, wenn richtig angefasst, zur Aufdröselung des Gewebes oder Gespinstes führt. Wenn Immermanns Merlin bekennt:
... wie ich meine,
Sind Rätsel, die zu lösen, eben keine,
so kann sich dieser Theorie unsere Praxis nicht anbequemen. Aber je tiefer verborgen die auszugrabende Alraunwurzel liegt, um so größer zwar die Arbeit, aber auch das Verdienst des Gräbers und seine Freude, wenn er sie nun endlich gefunden hat und heraushebt.
Natürlich wandelt sich die Schwierigkeit eines und desselben Rätselgedichts mit dem Bildungsgrad der Lösenden; auch ob sie mit solchen Problemen mehr oder minder vertraut sind, spielt eine Rolle. So ist z. B. für den Schreiber dieser Zeilen, der Hunderte von Rätseln verbrochen und ihrer Tausende gelesen und akademische Bildung erworben hat, das allermeiste dessen, was die gegenwärtige Massenproduktion zumal in Zeitungen und Zeitschriften ablagert, nach der Lektüre der ersten oder zweiten Zeile schon kein Rätsel mehr, sondern so unschwierig wie die alte Kinderscherzfrage: »Was ist das, rundherum blau, in der Mitte ein Zwetschkenkern?«
Aber auf höherer Ebene verhärten sich die Schalen solcher Nüsse und Mandeln. Bei Brentanos »Aenigmatias« z. B., beim »Gordischen Knoten« von K. und H. Wolff, bei den Sammlungen Wilhelm und Alfred Neumanns, wohl auch bei »Labyrinth« und »Irrgarten« bleibt selbst dem erfahrenen Analytiker ein Phlegma in der Retorte zurück; zwar wird es von Jahr zu Jahr kleiner, verschwindet aber vielleicht nie ganz.
Immer aufs Neue wetzt sich der Scharfsinn an diesen Schleifsteinen; bald von dieser, bald von jener Seite her sucht man den ins Innerste des Labyrinths führenden Weg; kundige Thebaner lassen zwischen dem vorläufig letzten und dem nächsten Versuch Wochen, auch Monate verstreichen, um nach Ablauf solcher Frist, und dann vielleicht mit Erfolg, einen neuen Sturm auf die Verschanzungen des Rätsels zu unternehmen.
Aber nicht allein in der Beseitigung eines scheinbaren Wider- oder Unsinns, nicht allein in der Ermittlung der unbekannten Hälfte eines Gleichnisses (vgl. »Irrgarten«, Seite 14ff), nicht allein im Auffinden des zu den jeweils aufgestellten Bedingungen passenden Wortes oder Begriffes, mit einem Wort, nicht allein in der Lösung liegt der Reiz des Kunsträtsels, sondern ebenso wohl in seinen ästhetischen Qualitäten. So finden sich unter den Rätseln etwa Schillers, Körners, Rückerts, Fechners, Brentanos Kleinkunstwerke hohen Ranges, »entzückte Anschauungen eines Gegenstandes« (so Goethe über Schiller) oder anmutige Scherzgedichte (neigt ja doch das Rätsel als solches zur Ironie); bald herrscht das Pathos vor, bald der Witz, bald lächelt wehmütig der Humor; je größer die Person des Dichters, so deutlicher vernimmt man seine persönliche Note.
Freilich ist hier von Spitzenleistungen die Rede, etwa von Schillers »Regenbogen« und »Blitz«, oder von jenen Rätseln Brentanos und Wilhelms v. Scholz, deren Lösung eben wieder »Rätsel« ist, aber schließlich erscheint jedes kunstgerechte Rätsel schon durch die Versform als solche, durch ihre Noblesse künstlerisch verpflichtet und sein eigentümlicher Reiz quillt aus einer eigentümlichen Doppelfunktion, indem es gleichzeitig Verstand (und Wissen) herausfordert und Bedürfnisse ästhetischer Art befriedigt.
So beiläufig stellen sich die Kunsträtsel vom Gesichtspunkt ihres Adressaten, des Lesers also oder Lösers dar, und indem sie ihn gebieterisch zur Mitarbeit auffordern, gleichsam einspannen, seinen Scharfsinn oder seine Phantasie oder beide zugleich in Bewegung setzen, ihn auch wohl förmlich examinieren, vermögen sie mit ganz besonderer Energie ihn von sich selbst, d. h. von den um sein Ich und dessen Atmosphäre kreisenden Sorgen abzulenken. Aber eben dies gilt für den, der die Rätsel ersinnt und gestaltet, in noch höherem Grade als für den, der sie aus der Hand des Urhebers empfängt. Dieser nämlich – wenn ich aus eigenen Erfahrungen auf die anderer »Kollegen« schließen darf – macht sie nie pflichtmäßig, nie von Berufs wegen; er hat, wie man wohl sagt, anderes, soll heißen: Ernsteres, Wichtigeres zu tun. Die Rätsel sprießen ihm in den schmalen Zwischenräumen seiner Arbeitsstunden auf, in den Atempausen, die ihm der Kampf ums Dasein grade noch gestattet, Erzeugnisse einer schwer zu definierenden Stimmung, die sich keineswegs immer von der Willkür herbeikommandieren lässt.
Den unmittelbaren Anlass bringt der Zufall, das Ungefähr: eine im Gespräch aufflatternde Redewendung, das Bemerken eines Druckfehlers oder (vgl. »Irrgarten«, Seite 21) die plötzliche Erkenntnis einer Ähnlichkeit zwischen Dingen, zwischen Vorgängen, zwischen Abstraktionen – oder auch, dem Schöpfer besonders erfreulich, der Wunsch und die Fähigkeit, irgendein Ungemach, irgendeinen Schädling der Seele mit den Mitteln des Rätsels niederzukämpfen.
An anderer Stelle habe ich behauptet, die Lösung eines schweren Rätsels bereite dem, welcher sie ausführt, »so etwas wie Glück«; aber so etwas wie Glück empfindet auch der, wenn er sich so nennen darf, Poet des Rätsels. Und dabei schmeckt er die jeder verbotenen Frucht innewohnende Süßigkeit. Denn was er da treibt, das sind Allotria; seinen Bemühungen fehlen die sichtbaren Ziele, die greifbaren Zwecke; er schwänzt die Schule des Lebens, mit einem Wort: er spielt. Aber ein Spiel, an dem nicht nur zwei oder drei Partner, nein, jeder Nicht-Analphabet teilnehmen kann. Ein Spiel um Besseres als Geld. Ein Spiel, bei dem man (mit Umkehrung eines Goethe-Worts) nie verliert. Ein Spiel, zu dem auch dies geistreiche Buch den freundlichen Leser einlädt.
Altaussee, 23. September 1935
R. F. Arnold
* * *
Im Anschluss an die gütigen und ehrenden Worte des Großmeisters der Rätseldichtung, Robert F. Arnold, des berufensten Nachfolgers Brentanos, sei die Bemerkung gestattet, dass auch beim Aufbau von »Tunkai« jene Systematik angewendet wurde, die sich bei den vorher erschienenen Büchern: »Sa'is« und »Rätsel-Dichtungen« durchaus bewährt hat.
Ferner sei darauf hingewiesen, dass »Tunkai« sämtliche Lösungen der in dem Buche
gestellten Probleme enthält. Allerdings haben sich Autor und Verlag nur schweren
Herzens entschlossen, von dem, auch von Brentano und seinen Nachfolgern geübten
Gebrauche abzugehen, die Lösungen nicht mitzuteilen. Die Appelle seitens des Publikums
und der Presse waren aber so dringend — es sei beispielsweise nur auf die sonst
so freundlich gehaltenen Kritiken verwiesen, die Ludwig Hirschfeld in der »Neuen
Freien Presse« zu »Sa'is« und »Rätsel-Dichtungen« geschrieben hat —, dass es nicht
angezeigt erschien, sich ihnen auch noch weiterhin zu verschließen. Jedoch sei,
um den bisher eingenommenen Standpunkt zu rechtfertigen, gestattet, die schöne
Begründung zu zitieren, mit der Robert F. Arnold den Essay »Vom deutschen Rätsel«
— die Vorrede zu seiner Anthologie »Der Irrgarten« — beschließt: »Die Lösungen
teile ich nicht mit, wiewohl sie mir ... bekannt sind. Nur so kann der »Irrgarten«
werden, was Brentanos »Aenigmatias« und, in gebührendem Abstand, das »Labyrinth«
schon sind: des Besitzers treuer Gefährte, ja Freund, »dessen Scherze nie verblühen«,
dessen Unterhaltungsgabe niemals ganz versiegt. Denn auch dem Scharfsinnigsten
enträtselt sich solch ein Buch schwerlich jemals ganz — und eben der ungelöste
Rest, mag er auch im Laufe der Zeit durch glückliche Eingebung oder verschärfte
Denktätigkeit immer kleiner werden, er ist es, der Rätselbüchern so etwas wie
ewige Jugend verleiht.«
Wird »Tunkai«, wenn die Lösungen seiner Probleme mitgeteilt werden, nicht der Gefährte, nicht der Freund seines Besitzers werden, wird das Buch die »ewige Jugend« verlieren? Bange Frage...
Zum Schlüsse sei der willkommenen Pflicht entsprochen, Frau Marianne Neumann auch an dieser Stelle den wärmsten Dank abzustatten für ihre unermüdliche Mitarbeit, ohne die »Tunkai« überhaupt nicht hätte entstehen können; und weiters dem »Saturn-Verlag,« in erster Linie seinem zielbewussten Leiter Dr. Fritz Ungar, herzlichst zu danken für all die Mühe, die bei der Herausgabe von »Tunkai« aufgewendet wurde.
Wien, im Oktober 1935
Dr. Alfred Neumann.
Und Tunkai*) heißt Rätsel,
Und Rätsel heißt Leben.
Euch Rätsel zu geben,
Ist Lust mir, Bestreben,
Euch spielend zu heben
In frohe Gefilde,
In lustige, milde,
Wo Lächeln, wo Lachen,
Euch sorgloser machen
Für einige Stunden,
Am Wege gefunden.
Der Weg ist so finster,
Durch Schierling und Ginster
Führt uns das Leben,
Bis alles zu Ende,
Und Rätsel beginnen,
Sich schreckhaft begeben,
Fern menschlichem Sinnen,
Das Lösungen fände.
Und Tunkai heißt Rätsel,
Und Rätsel heißt Leben . . .
A. N.
*) Siehe Robert F. Arnold »Der Irrgarten«, 333 deutsche Rätsel, Seite 28.
Die ersten zwei Rätselbücher dieses auch als Lyriker und Übersetzer erfolgreich tätigen Wiener Autors, »Sa'is« und »Rätseldichtungen«, wurden an dieser Stelle angezeigt und haben viele Leser gefunden, wie ja überhaupt der Kreis der Anhänger dieses zu neuem Aufschwung gelangten Denksports immer größer wird. In einer Zeit, in der die wirtschaftlichen und politischen Probleme und Sorgen für uns alle größtenteils unlösbare Rätsel sind, verwendet man den unbeschäftigten Scharfsinn gern darauf, solche geistige Nüsse zu knacken. Das neue Buch Alfred Neumanns wird also allen Liebhabern dieser Beschäftigung sehr willkommen sein. Es bietet ihnen nicht weniger als 350 Denkaufgaben, größere, kleinere, ernste, heitere, zum großen Teil nicht ganz leichte Aufgaben, die Konzentration, logisches Denken und sprachliches Wissen erfordern. Wenn Neumanns erstes Buch die Volksschule des Rätsellösens war, das zweite die Mittelschule, so ist dieses geradezu schon die Hochschule. Weshalb auch ein Universitätsprofessor das Vorwort dazu geschrieben hat: Robert F. Arnold, ein hervorragender Fachmann auf dem Gebiete der Rätseldichtung. Er verleiht dem Verfasser wegen seiner erstaunlichen Fruchtbarkeit unter den Rätseldichtern den Rang eines Lope de Vega [Wikipedia] und verweist auf ein Charakteristikum, das auch den Leser dieses Buches zur Bewunderung veranlasst: wie Neumann immer wieder neue Themen aus allen Gebieten des heutigen Lebens zufliegen, wie er durch Heranziehung fremder, altklassischer und moderner Sprachen sein Rätselreich immer mehr erweitert. Warum das Buch mit dem geheimnisvollen, indisch klingenden Wort »Tunkai« betitelt ist, das in keinem Lexikon, keinem Fremdwörterbuch zu finden ist, wird nicht erklärt, bleibt also ein ungelöstes Rätsel. Dafür werden aber diesmal die Auflösungen aller Rätsel geboten, eine willkommene Neuerung, auf deren Notwendigkeit an dieser Stelle wiederholt hingewiesen wurde. Wenn der Verfasser auch versichert, dass er sich nur schweren Herzens entschlossen hat, damit von einem bisher in der Rätselliteratur traditionellen Brauche abzuweichen, für die Denksportler bedeutet es-unbedingt eine Steigerung des Vergnügens an dem interessanten und anregenden Buch.
Mit vollem Recht darf der Verfasser sein schön ausgestattetes Werk als die
beste seiner auf diesem Gebiete bisher erschienenen Publikationen bezeichnen.
Man muss es Alfred Neumann hoch anrechnen, dass er in einer Zeit, in der die
jetzt umgehende Rätselepidemie mechanisch herzustellende und ebenso
aufzulösende Rätselarten in den Vordergrund allgemeinen Interesses gerückt
hat, die aber mit dem, was ich unter einem Rätsel verstehe, nicht in eine
Linie gestellt werden dürfen, der großen Tradition getreu — ich erwähne nur
die Namen Schiller,
Schleiermacher, Brentano – die Pflege des
deutschen Kunsträtsels in durchaus würdiger Weise fortsetzt und so die Brücke
von den »Klassikern« bis zur Gegenwart schlägt. Ein wirklich wertvolles Rätsel
setzt bei dem Leser und Löser eine gewisse Summe von allgemeiner Bildung,
Sprachverständnis,
Kombinations- und Assoziationsgabe voraus und soll durch gefällige, womöglich
originelle Form ästhetische Forderungen befriedigen, durch witzig konstruierte
Schwierigkeiten der dem denkenden Menschen innewohnenden Neigung zu ihrer
Überwindung entgegenkommen. Die Rätsel des vorliegenden Werkes erfüllen diese
Bedingungen. Es enthält eine Reihe reizender, zu kleinen Geschichten
erweiterte Gedichte und scharfsinnige Epigramme, wie Universitätsprofessor
Dr. Robert Franz Arnold im Vorworte bemerkt. Mit
seinem »Tunkal« hat sich der Verfasser in die erste Reihe der Wieder-Erwecker
des deutschen Kunsträtsels gestellt.
In der Serie seiner Rätselbücher lässt Alfred Neumann nun das dritte erscheinen, das die erstaunliche Produktivität des Autors auf diesem Gebiet wieder ins hellste Licht rückt. »Tunkai« — das ist »Dunkel«, und man hat es tatsächlich nicht leicht, aus dem kunstvollen, gedanklichen Gespinst jenen Faden herauszulösen, der ans Licht führt. Alfred Neumann hat schon in seinen früheren Büchern »Sa'is« und »Rätseldichtungen« bewiesen, dass sich das, was er in seinen Werken zu bieten hat, nicht mit dem klischeeartigen Begriff »Denksport« deckt. Seine Kunsträtsel appellieren nicht nur an den Scharfsinn, sie wollen auch gar nicht in einem Zuge gelöst werden, sie wirken auch durch ihre Ästhetik schlechthin. Dem Buch hat Professor Robert Franz Arnold ein Vorwort geschrieben.
Brentanos Rätselbuch »Aenigmatias« hat längst Schule gemacht Man denke an die Rätselbücher von Professor Kafka 1), Dresden, Professor Wolff, Innsbruck, Wilhelm Neumann, Baden-Baden, Dr. Bondy (Job), Prag, der Professoren Arnold und Josef, Wien. In diese Reihe gehören auch die drei Rätselbücher von Alfred Neumann in Wien, die in rascher Folge als »Sai's«, »Rätseldichtungen« und neuestens unter dem Titel »Tunkal« erschienen sind. Dass Professor Robert Franz Arnold das Buch für würdig gehalten hat, ihm ein Vorwort vorauszuschicken, ist wohl die beste Bürgschaft dafür, dass die 350 neuen Rätsel auch den Ansprüchen hochkultivierter Rätselfreunde gerecht werden. Gewisse Varianten, wie z. B. die Steigerungsrätsel (träg – Träger), oder die Kapselrätsel (Sklerose – Eros) erhöhen den Reiz des Buches. Die Lösungen liegen in einem gesonderten Blatte bei.
Im Saturnverlag erschienen, bringt das Werk 350 größere und kleinere, ernste und heitere Denkaufgaben. Es ist das dritte Rätselbuch des Verfassers (voran sind »Sai's« und »Rätseldichtungen« gegangen), alle drei erschienen in verhältnismäßig kurzer Zeit. Sie sprechen von ungewöhnlicher Produktivität Dr. Neumanns, von einem beweglichen, feinen Geiste, von innigem Gefühl für gepflegte Form dieser so anregenden Gedankenspiele. Um Spiel in höherem Sinne handelt es sich ja tatsächlich bei allen Rätseldichtungen, wie Robert Franz Arnold in einem beachtlichen Vorworte richtig ausführt, um »Spiel um Besseres als Geld«, wobei die aufgewendete Zeit kaum als verloren betrachtet werden kann. Der Leser und Rater gewinnt in vielerlei Hinsicht, er empfindet Freude an der Lösung gerade der schwierigsten Rätsel und treibt unversehens geistige Gymnastik, die die logische Denkkraft stählt. Letztere muss freilich bei nicht wenigen der Rätsel gehörig angespannt werden, will man nachher bei Vergleich mit dem beigegebenen Auflösungsblatt mit Genugtuung das »Stimmt«! konstatieren können. Dieses Beiblatt muss nur richtig angewandt werden, dann ist es wertvoll. In den Händen dessen, der den Weg von der Lösung zum Rätsel statt umgekehrt wählt, verlieren die Schmetterlingsflügel dieser Rätsel allerdings ihren seidigen Staub.
1) Wahrscheinlich ist Gustav Kafka [Wikipedia] gemeint. Seine (Rätsel)Werke sind uns nicht bekannt.