Von je hab' ich ihn lieb und wert gehalten,
Mit Freuden oft geschaut sein freundlich Tun und Walten.
Ich sah die kühle Hand auf heiße Stirn ihn legen,
Verschmachtend Lechzende mit frischer Labe pflegen.
Ich sah die Schönheit ihn in zarte Schleier hüllen,
Mit blinkendem Geschmeid' den Schoß Verschämter füllen.
So war er mir vertraut; doch wie, was ist geschehn?
Wen muss ich da ganz umgewandelt sehn?
Wer kommt zu mir? Ich stehe fast Verlegen;
Ist das der Freund, der nach mir frägt?
Tritt mir der plumpe, raue Bursch entgegen,
Der leider mit ihm fast die gleichen Züge trägt?
Ich seh' es ist der Freund; doch hat man ihm entführt
Was ihm von Ehr mit Recht gebührt
Beraubt hat man ihn jämmerlich,
Behandelt schier puttkämmerlich!
Verkommen wie sein Doppelgänger
Hat er vor dem voraus nichts länger.
Nun mag der Kuckuck unterscheiden,
Wen man dort stehen sieht von Beiden.
O hört auf Daniel Sanders
Und würdigt ihn doch anders!
(unbekannt)
Daniel Hendel Sanders (* 12. November 1819 in Strelitz; † 11. März 1897 ebenda) war ein deutscher Lehrer, Lexikograf und Sprachforscher sowie Dichter und Übersetzer. Er schuf unter anderem von 1854 bis 1865 ein Wörterbuch der deutschen Sprache und später den deutschsprachigen Teil des Englisch-Deutsch/Deutsch-Englischen Wörterbuchs Muret-Sanders.