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Rätselgedichte, Rätselreime

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Rätselgedicht Nr. 12810

von Alfred Neumann

Rätsel

DER RÄUBER
Er war der Häuptling einer Räuberbande; war, noch jung an Jahren,
In allen schwarzen Künsten, Raub und Mord und Brand, so sehr erfahren,
Dass er die Geißel hieß. Woher er stammte, keiner wollt es wissen,
Man hatte ihn geraubt – so hieß es – noch als Kind, in seidnen Kissen,
Aus einem Schloss. An seinem Halse hing ein Bild – so hört' man sagen –
Das Bild der schönsten Frau. Dies Bild, in Gold gefasst, hatt er getragen,
Als ihn die Räuberschar entführt.
An einem von den Maientagen
Fuhr durch den düstern Wald, der sein Quartier, ein reichgeschmückter Wagen,
Vier Pferde zogen ihn, zehn Reiter folgten ihm. Im Nu geschlagen
War, was ihn schützen sollt... Es stand vor ihm, den Alle Geißel nannten,
Ein hoch gewachsnes Weib. Die großen, dunkelblauen Augen bannten,
Was ihrem Blick sich bot. Der Führer ließ die Frau nah vor sich treten
Und sagte, eine letzte Stunde geb' er ihr zum letzten Beten,
Dann sei ihr Leben um.
Schon hört' man seine wüsten Spießgesellen
Mit ihrem schrillen Mörderpfiff den furchtbar-finstern Forst durchgellen,
Als noch einmal der Fraue Blick ihn traf. Da fühlt' er seine Hände
Zu jenem Bilde greifen... Leise, zögernd sprach der Räuber: »Wende
Du Deinen Schritt –
Wir sind nun quitt!
Jetzt aber fort mit Dir!« Und langsam wandte sich die Frau zum Gehen –
Er sah ihr düster nach – sie haben niemals wieder sich gesehen...
Was Du jetzt hörtest, birgt in sich den Kern von meines Rätsels Wesen:
[1]Wie ward der Mörder quitt? [2]Wer ist der Mann, wer ist die Frau gewesen?

Lösung anzeigen

1. Das Leben schenken; 2. Mutter und Sohn

Verweise

Worträtsel