Scharade (1+1+1 Silben)
Wer nennt die Burg, die stolze, dort im Süden,
Sie dünkt sich mit dem Himmel selbst verwandt?
Doch ward ihr gleich das Herrlichste beschieden,
Was Altertum, Genie und Kunst erfand;
Sie bleibt der trübste Zwinger doch hienieden,
Der aus dem Schutt der Weltherrschaft erstand,
Dem keine Strahlen je die Sonne spendet,
Wiewohl er Wetterstrahlen oft versendet.
Der Herr der Burg, von Pomp und Glanz umgeben,
Mehrt just durch diese ringsumher die Nacht;
Er ist ein Greis, dess' jugendfrisches Streben
Zur Allmacht steigern möchte seine Macht;
Ihm gibt die Staatskunst ein unsterblich Leben,
Sie ward von einer Wölfin ihm vermacht:
So steht die Burg, zwar oft genug erschüttert,
Noch heut so fest, dass . . . . . . . . vor ihr zittert.
Wer wüsste nicht des Burgvogts Ehrennamen,
Den Christus Gott und auch dem – Satan gab,
Weil Lug und Trug zuerst von diesem kamen,
Und jener uns beseligt über'm Grab;
Der Burgherr trat von seinem hohen Namen
Zwei Lauter klüglich an dies Rätsel ab,
Dass schon dess' erste Silbe gar erbaulich
Für Ohr und Herz erkläng' und zärtlichtraulich.
Doch auch ein grausenvoller Name teilte
Zwei Lettern dessen zweiter Silbe mit,
Ihn trug ein Unmensch, der auf Capri weilte,
Dem Angst und Arglist folgten Schritt für Schritt:
Da nichts von der Gewissensqual ihn heilte,
So pflog er, des Tumults der Weltstadt quitt,
Sich, unzugänglichschroff wie Capris Felsen,
Im Wollustschlamm und Menschenblut zu wälzen.
Sein Landsmann und – durch Laster – sein Verwandter
Hieb vierzehnhundert Jahre später noch,
Zwar kleiner als der große Alexander,
Durch seines Namens Klang ihm gleich jedoch,
Den Erdball zum Verschenken auseinander,
Und gab – ihn kostet's nichts! drum gibt er noch
Von seiner eigenen Kanonisierung
Drei Zeichen zu des Rätsels Schlussverzierung.
Wie? soll dies dunkelste der Schicksalsrätsel,
Soll jener Zwinger ewig fortbesteh'n?
Darf dort ein Torquemada, hier ein Tetzel
Frech, ungestraft aus ihren Gräbern gehn?
Soll Deutschland auch ein Bluthochzeit꞊Gemetzel,
Wie Frankreich, auch Auto-da-fe's noch sehn? –
Wer wird die römisch꞊deutsche Kirch' entknechten;
Auf ew'ge Zeit Lojola's Enkel ächten?
Erwach' und türme, großer Barbarossa,
Titanisch auf den Pelion (zum Sturm
Auf jene falsche Himmelsburg) den Ossa;
Zertrümmere des wirren Babels Turm;
Das Losungswort sei: »Heinrich und Canossa!«
Dort krümmte sich der Adler vor dem Wurm –
Beschleunige, dass sie nicht ganz uns blende,
Der Sonnenfinsternis ersehntes Ende.
So wahr die Staatskunst, die nur täuscht und lauert,
Die welsche List der deutsche Geist beschämt;
So wahr die Eiche Pinien überdauert,
Verstand und Mut sogar Hyänen zähmt;
So wahr Augustus einst, von Furcht durchschauert,
Verzweifelnd sich ob Varus Fall gegrämt,
Als Jovis Volk erlag dem Zorn von Odin –
Stürzt eins die Wartburg ihre Antipodin.
Va[ter] + Ti[berius] + Can[onisierung] = Vatican
Anmerkungen
Als Jovis Volk erlag dem Zorn von Odin – die Römer
(Jovis Volk) unter Publius Quinctilius Varus wurden von den Germanen (Odins
Volk) unter dem Cherusker-Fürsten Arminius vernichtend geschlagen.
Verweise
Scharaden