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Rätselgedichte, Rätselreime

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Rätselgedicht Nr. 12274

von Tante Emmy

Scharade (2+2 Silben)

Das erste Wort in zwei Silben:
Kennst du die Frucht, welche einmal vom Baume
Ist einem Mann' auf die Nase gefallen,
Weil er gescheiter als Gott sich deuchte?
So soll's ergehen den Vorwitzigen allen.
Das zweite Wort in zwei Silben:
Ich bin der Erste in jeglichem Lande,
Trage die güldene Kron' auf dem Haupte.
Das Ganze:
Ich aber habe kein Land noch Soldaten,
Ohne dass jemals ein and'rer mir's raubte.
Trag zwar auch eine Kron' auf dem Haupte,
Kann ich doch nimmermehr gehen noch stehen,
Kann weder denken, noch sprechen, noch lesen,
Bin aus Papier nur ein Männlein gewesen,
Kannst, liebes Kind, wer ich sei, jetzt erraten?

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Eichel + König = Eichelkönig

Anmerkungen

Der Eichelkönig ist im Kartenspiel beim Doppeldeutschen Blatt der König in der "Farbe" Eichel (Eichel, Herz, Schelle, Blatt/Grün) und entspricht im französischen Blatt dem Treff König.

Die erste Strophe bezieht sich auf die Fabel »Die Eichel und der Kürbis« von Jean de La Fontaine:

Was Gott tut, wohlgetan ist das. Dies zu begründen,
brauch' ich im Weltall nicht zu suchen hin und her:
Ich kann's an einem Kürbis finden.
Ein Landmann denkt, wie groß und schwer
die Frucht und wie so schwach und dünn ihr Stängel wäre.
»Was hat der Schöpfer«, sagt er, »sich dabei gedacht?
An schlechtem Platz hat er den Kürbis angebracht.
Ich hätt' ihn doch, auf Ehre,
an einer Eiche festgemacht!
Das wär' das Richtige gewesen,
dass Baum und Frucht von gleichem edlen Wesen.
Es ist doch schade, dass du nicht im Rate dessen bist,
welchen dein Pfarrer dich anbeten lehrt als Christ.
Alles wär' besser dann. Warum, zum Beispiel, brachte
die Eichel, kürzer als mein kleiner Finger, man
denn nicht an dieser Stelle an?
Gott irrte! Und je mehr ich es betrachte,
wie schlecht die Frucht doch hängt, je mehr wird es mir klar,
dass dies ein reiner Missgriff war.«
Dieser Gedanke macht dem Biedern manchen Kummer
»Man schläft nicht«, sagt er, »hat man so viel Geist.«
Er legt an einer Eiche Fuß sich hin zu kurzem Schlummer;
'ne Eichel fällt herab, die wund die Nas' ihm schlägt.
Auf wacht' er; wie er nun die Hand ans Antlitz brachte,
fand er die Eichel, die in seinem Kinnbart saß,
die wunde Nase lehrt' ihn jetzt, wie falsch er dachte.
»Ich blute!« rief er. »Gott, was wäre das,
fiel' mir ein größer Stück aufs Haupt und wenn an Schwere
die Eichel gleich dem Kürbis wäre?
Gott hat es nicht gewollt; recht hat er sicherlich,
ich seh's am Beispiel dieses Falles.«
Dankbar Gott lobend jetzt für alles,
trollt er vergnügt nach Hause sich.

Jean de La Fontaine (* 8. Juli 1621 in Château-Thierry; † 13. April 1695 in Paris) war ein französischer Schriftsteller. Er gilt den Franzosen als einer ihrer größten Klassiker und ist mit einigen seiner Fabeln noch heute jedem französischen Schulkind bekannt.

Verweise

Scharaden, Tante Emmy