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Rätselgedichte, Rätselreime

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Rätselgedicht Nr. 10554

von Leopold Enk von der Burg

Kettenscharade

Mahomeds Paradies

Vor dem Paradiese, sagt Ali, steht ein Baum, an dessen Fuß zwei Quellen entspringen. Die Auserwählten baden sich in der einen, und trinken aus der andern. Die erste reinigt ihren Leib, die zweite ihr Gemüt von jedem irdischen Unrat.

Die Zahl der Himmel ist sieben.

Der vornehmste dieser sieben Himmel ist Eden, wo nur Propheten und Blutzeugen wohnen. Nach andern Überlieferungen gibt es acht, „ach andern nur vier Paradiese; zwei aus Gold, und zwei ans Silber.

Alle Gegenstände des Paradieses sind zwar den irdischen, die uns umgeben, dem äußern Ansehen nach ähnlich, aber von edlerer Natur. So ist die Erde Moschus, der Mörtel Silber, die Blätter und Blumen sind weiche Smaragden und Rubinen.

Nach einer vom Iman Termedi aufbewahrten mündlichen Überlieferung sind im Paradiese vier Seen; der eine aus Wasser, der andere aus Honig, der dritte aus Milch und der vierte aus Wein, aus welchen sich vier Flüsse ergießen. Die Erde, über welche sie fließen, ist mit Rubinen besäet, weiß wie **, und wohlriechender, als Moschus.

Nehmt von den sieben Zeichen des ausgelassenen Wortes die beiden letzten weg, und die fünf übrig bleibenden lehren euch, wodurch nicht bloß das Paradies allein: sondern auch auf Erden Alles errungen werden muss; lasst das erste Zeichen weg, und die übrigen nennen eine sehr bekannte Pflanze a).

Die Paläste des Paradieses sind aus Rubin, Perlen, Smaragden und Gold erbaut; die Köschke mit den reichsten Stoffen und Matten behangen. Die, Einrichtung besteht aus goldenen Geschirren und diamantenen Gläsern.

Jeder Auserwählte hat siebzig Polster, sich darauf zu stützen und zu legen? und ruht auf erhabenen Betten. Diese Betten sind, eins über das andere, so hoch aufgepolstert, dass nach der Meinung einiger Ausleger die senkrechte Höhe eines solchen Himmelbettes, zu dem die Engel die Leiter halten, fünfhundert Jahre Weges beträgt.

Des Paradieses Herrlichkeit übersteigt zehnmal die Herrlichkeit der Welt. (Die Schätzung ist augenscheinlich zu bescheiden). Der geringste der Paradiesesbewohner hat achtzigtausend Knaben zu seiner Bedienung; und überdies zwei und siebzig, nach andern Auslegern jedoch fünfhundert Gemahlinnen, nach den verschiedenen Graden der Tugend und des Verdienstes.

Der Baum des Paradieses heißt Tuba. Gott allein kennt die Größe und Ausdehnung desselben. Unter einem seiner Zweige könnte ein Reiter siebzig Jahre lang in gestrecktem Galopp reiten. Auf demselben sitzen Vögel, groß wie Kamele, und die Blätter sind Kaftane und Shawle und andere Ehrenkleider, die der Baum für die Bewohner des Paradieses abschüttelt. (Kein Zweifel, dass Mahomed, wenn er wieder aufstünde, unter unfern Damen Proselutinnen in Menge machen würde.) Wenn der Wind durch die Blätter rauscht, so bringt er eine liebliche Harmonie von Tönen he» vor, welche die Tafel- und Nachtmusik der Auserwählten ist.

Der Name des Paradiesesmädchen ist Huri'ein, an weichender Koran unter Anderem auch dieses rühmt, dass sie *** Blickes sind.

Was das Prädikat betrifft, mit welchem der Koran die Blicke der Paradiesesmädchen bezeichnet: so kömmt es wohl oft dem Verstande, selten aber den Blicken der irdischen Mädchen zu; wohl darum, weil sie den beiden Silben, von welchen es abstammt, meistens gar wenig hold sind b).

Noch einen andern Vorzug legt der Koran den Frauen des Paradieses bei, den man auf Erden gewiss nur selten unter ihnen antrifft. Mit ihren Männern zufrieden, preisen jene nämlich unaufhörlich den Herrn, dass ihnen gerade dieser, und kein anderer Mann zu Teile geworden; sie bleiben immer in ihren Zelten, und verlangen nie auszugehen.

In dem höchsten Überflüsse des Köstlichsten, Schönsten und Besten, der den Seligen von allen Seiten zuströmt, so dass ihnen nichts zu wünschen übrig bleibt, wird ihnen der Herr noch ein Fest geben, das die höchsten Genüsse übertreffen soll, nämlich das Fest der Anschauung seines Angesichts. Gott wird zu diesem Ende die Seligen im himmlischen Jerusalem versammeln. Dort gehen sie bis zur Essenszeit     spazieren. Die Cherubim bringen dann den runden Tisch, der zehntausend Jahre Weges im Durchmesser hat, und die Paradiesesknaben tragen die Schüsseln auf, in deren jeder sich siebzigerlei Gerichte befinden. Auch werden die die demantenen Trinkgeschirre mit reinem Getränk aus den Quellen des Paradieses gefüllt.

Sodann befiehlt der Herr den Engeln, Kaftan und Ehrenkleider und Ringe und Armbänder auszuteilen, und jedem Seligen eine Krone aufzusetzen, aus Karfunkeln, die wie die Sonne schimmern. »Nun bringt das Rauchwerk,« sagt der Herr. Sogleich holen die Engel die großen Vögel, welche auf dem Baume Tuba sitzen, bestreuen ihre Flügel mit Ambra und Moschus, begießen dieselben mit wohlriechenden Wässern, und lassen sie, während zu gleicher Zeit die Blätterharmonika und das Vögelkonzert ertönen, über den Häuptern der Gläubigen hinfliegen, die dadurch vom Kopf bis zum Fuß in *** gebadet werden.

Die Blume, welche, wie die Araber sagen, zugleich lächelt und weint, nennen in der Mehrzahl die beiden ersten Silben; die Seele dieser Blume hat ein Dichter die letzte genannt c).

Zuletzt endlich gelangen die Auserwählten zur Anschauung Gottes. Wenn sie von ihr zurückkehren zu ihren Gemahlinnen: so verwundern sich diese über den Schein, der von ihren Gesichtern strahlt, und der sie noch einmal so schön macht.

Es ist, antworten die Auserwählten, der Abglanz von Gottes Antlitz, den wir von Angesicht zu Angesicht geschaut haben.

Lösung anzeigen

a) Kampfer, Kampf, Ampfer
b) Beschränkten Blicks
c) Rosenduft

Anmerkungen

Mahomed = Mohammed

Verweise

Kettenscharaden, Enk