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Rätselgedichte, Rätselreime

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Rätselgedicht Nr. 9717

von Heinrich Wilhelm Lehmann

Homonym

[1] Aus vielen Häuten bestehe ich und Häute decken mich; aus vielen Fäden bin ich zusammengesetzt und nur ein Einziger bringt mich hervor; [2] aus unendlichen Perlen bin ich zusammengefügt und [1] Perlen tauchen aus mir empor. [3] Ich grabe mich in die Haut hinein und erhebe mich über dieselbe. [4] Ich diene vielen zu großer Zierde; vorzüglich den Damen und Reisern, Mützen und Kragen, Hüten und Hauben. Viele aber entstelle ich auch. [5] Breche ich, geht in vielen meines Geschlechts eine Veränderung hervor. [6] Schwimme ich, bewege ich mich nur in einem kleinen Umkreise. [1] Bin ich Dir zur Linken, bin ich links; bin ich Dir zur Rechten, bin ich rechts, und doch bin ich oft links, wenn ich Dir zur Rechten bin, und rechts, bin ich Dir zur Linken. [7] Verkehrst Du mich, sehe ich grässlich aus und diene dennoch zur großen Zierde. [8] Als Herz bin ich abgebildet, und [1] verwunde das Herz; [9] als Frucht bin ich abgebildet, und [10] werde aus der Frucht gepresst; [?] als Blatt bin ich abgebildet, und [11] soll erst noch zum Blatte werden. [6] Wer mich hat, isst mich oft, und [12] wen ich fasse, verzehre ich oft. [13] Ich ersetze mich oft selbst an Gestalt, aber nie an Beschaffenheit. [14] Ich gehe ganz vollkommen aus Tieren hervor, die munter und gesund sind, und [15] nehmen mich Tiere ein, verursache ich ihnen den Tod. [16] Auch unvollkommen besitzen mich viele Tiere, und [6] erst durch Zubereitung werde ich aus ihnen gewonnen. [17] Ich bin stets ausgeschnitten und [1] schneidet man mich aus, gehe ich zu Grunde. [?] Oftmals findest Du mich in Gesellschaft von Tieren, die mich in Ruhe lassen, sobald noch andere meines Geschlechts vorhanden sind; fehlen diese aber, überwältigen sie mich stets. [18] Durch Wasser und Seife werde ich gereinigt, und [10] diene doch selbst zur Reinigung. [19] Eine feste Masse bin ich und zerfließe bei der geringsten Berührung. [3] Rodest Du mich aus, entstehe ich wieder von Neuem, und doch [1] würde sich, wer mich verliert, unendlich freuen, wenn ich ihm wieder zu Teil würde. [20] Halb habe ich die Gestalt eines Halbmondes, halb die Gestalt eines Ringes. [14] Wiewohl ich steinhart bin, und alle Eigenschaften eines Steines besitze, stamme ich doch aus dem Tierreiche her. [1] Scharf bin ich oft, und werde dem Scharfen zugesellt; dunkel bin ich oft, und erhalte die Helligkeit; hell bin ich oft, und dennoch im Dunkel verborgen. [21] Ich nehme ab am Abend, und [22] werde abgenommen, [5] ich nehme zu im Frühling, und [22] werde zugenommen; [18] ich nehme mich, wenn ich sauber gearbeitet bin, schön aus, und [12] werde ausgenommen. [22] Durch das Hin꞊ und Herfahren der Nähnadel entstehe ich, und aus großen Fabriken gehe ich hervor. [23] Bei der Verfertigung der Freikugeln bin ich dem Caspar unentbehrlich und [24] in der alten Mythologie spielte ich eine große Rolle. [6] Bei gewissen Gelegenheiten werde ich von der Hausfrau dividiert und von der Arbeiterin, dem Arbeiter und dem Hausvater addiert. [?] So eben fällt mir auch ein, dass mich ein meistens achtbeiniges Tier dreimal hat; doch ist dieses Tier oft auch sechs, zehn und zwölfbeinig. Es finden sich Hundert und Ein und Achtzig Gattungen von ihm vor. [25] Die Apotheker wissen gut mit mir umzugehen, die Hausfrauen und die Liebenden. [1] Dass ich oft tropisch und symbolisch gebraucht werde, ist Dir aus der Bibel bekannt. [10] Lässt Du mich fallen, entstehen garstige Flecke und es kostet Dir oft große Mühe, mich wieder aufzunehmen, wiewohl ich nicht schwer bin. [3] Fällt etwas auf mich, verursache ich Dir unendlichen Schmerz. [?] Falle ich Dir zu, kann ich Dir keinen Nutzen mehr stiften, und doch bin ich Dir nützlich und gewähre Dir großes Vergnügen, wenn ich zu Dir falle. [5] Falle ich ab, durch Sturm und Hagel beschädigt, wird des Gärtners Freude zu Wasser. [1] Falle ich auf Dich, ergreift Dich oft Verlegenheit, Angst, Furcht und oft auch namenlose Freude, unendliches Entzücken. Durch meine Anzahl, meine Schönheit, durch mein Feuer, falle ich den Menschen oft auf. Jeder Mensch besitzt mich in gleicher Anzahl, so wie jedes Tier; doch [4] ein Vogel und [12] ein Fisch hat mich öfter. [?] Wer mich zweimal, oder viermal hat, hat mich zehnmal; doch zuweilen auch nur zweimal, dreimal und viermal. Bei wem man mich einmal erblickt, dem rechnet man mich eilf mal an. [3] Vorzeiten hatte mich mancher Mensch nicht so oft, als jetzt. [1] Wer mich verliert, wird unglücklich geheißen und [3] zu wem ich komme, den beklagt man. [26] Wer mich in geringer Anzahl hat, murrt; wem ich mich in Masse nahe, ist fröhlich: denn ich bringe ihm etwas ein. [?] Dass ich schon viele elend, unglücklich und verwirrt gemacht, dass ich schon Manchem durch Verwickelung der Verhältnisse den Tod, oft gar gewaltsamen Tod, zugezogen habe, ist jedem bekannt; und doch kann er sich von mir nicht trennen, und hängt immerfort an mir, wenn ich schön bin. Ja man läuft oft stundenlang nach mir herum und richtet mich selbst dadurch zu Grunde. Wer mich liebt und danach strebt, mich empfangen und zählen zu können, verdirbt, wenn es lange währt, mich oft dadurch; und ist dieser wer ein Frauenzimmer, so vernachlässigt sie mich noch dazu. Den Meisten stifte ich gleich Nutzen, wenn sie mich empfangen, doch Manchem erst später. [6] In unendlicher Zahl zusammengefügt diene ich mir oft selbst zur Decke. [27] Es gibt Leute, die sich hauptsächlich damit beschäftigen, mich hervorzulocken, zu veredeln, wiederherzustellen und auszurotten. [1] Du findest mich von allen Farben, doch sind meine Hauptfarben, rot und schwarz, gelb und weiß, braun, blau und grün. Ich nehme ein und [25] werde eingenommen, [1] glühe und werde glühend gemacht, durchbohre und werde durchbohrt, brenne und diene zum brennen, bewege mich und bin fest gebannt. [5] Ich bringe Blätter, Blüten und Früchte hervor, und [?] befinde mich selbst auf Blättern. [6] Schafft mich die fleißige Hausfrau, mache ich ihr Freude; [3] ruft mich die Eitle ins Dasein, verursache ich ihr Schmerz. [?] Bin ich einsam und verlassen, gewähre ich keinen Nutzen und nimmst Du mir die Stütze, gehe ich auseinander. Du findest mich auf süßen und auf sauren Wassern, auf salzigen und auf bittern. [3] In heißes Wasser tust Du mich, um mich zu erweichen; durch Feuer und Wärme werde ich hervorgebracht. [26] Hängst Du mir an, was der begeisterten Lippe entströmt, hast Du meine Decke; hängst Du mir an, was oft vor Regen und Ungewitter schützt, hast Du meine Wohnung; hängst Du mir an, was zur Reinigung dient, hast Du Stärkung für mich; hängst Du mir eine Blüte an, einen schlanken Baum; hängst Du mir an, was nicht ist, hast Du drei Pflanzen. Und so könnte ich Dir noch manche Zusammensetzung sagen, noch manche meiner Eigenschaften Dir enthüllen, wenn ich nicht wüsste, dass Du mich schon längst erraten und schnell und richtig antworten wirst, auf meine Frage: wer bin ich?

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Augen

Anmerkungen

1) Sehorgan von Menschen (und Tieren); 2) Facettenauge; 3) Hühner-/Krähenauge; 4) Teil der Pfauenfeder; 5) Knospe; 6) Fettauge; 7) Silberblick (leicht schielendes Auge, Glanz); 8) Auge der Farbe im Kartenspiel; 9) Augapfel; 10) Augenwasser (Träne); 11) Blattauge; 12) Neunauge; 13) Pfauenauge (Schmetterling); 14) Krebsauge/Krebsstein; 15) Augenblume/Maiglöckchen; 16) Scheinauge (augenförmige Zeichnung bei Tieren); 17) Holzauge (Astloch)/unfruchtbarer Rebzweig(?); 18) Glasauge; 19) Ochsenauge (Spiegelei); 20) Augenring; 21) Sehkraft/Augenlicht; 22) Masche beim Stricken; 23) rechtes Auge eines Wiedehopfs; 24) Argusaugen; 25) Augentrost; 26) Punkte auf Würfeln, Spielkarten oder –steinen; 27) Auge an Pfrofpreisen; 28) Wortbildung mit Augen- (Augenlid, Augenhöhle, Augenbad, Augenblüte, Augentrost [Euphrasia officinalis, Vergissmeinnicht, Augentrostgras])

Verweise

Homonyme, Lehmann, Neue Räthsel