1. Silbe.
Will ich das deutsche Bürgerrecht erringen,
Und sprachgemäß von deutscher Lippe klingen,
So häng' am End' ein kleines e mir an,
Und dann, – ach dann! –
Umsonst zerraufst Du deiner Locken Zier,
Umsonst bedeckst Du mich mit Küssen,
Benetzest mich umsonst mit Tränengüssen, –
Der, den Du suchest, ist nicht hier!
Nicht hier? – Wo ging er hin? – Geh nur, und scheue
Das Suchen nicht in Nacht und Finsternis,
Such' ihn im Vaterland der Lieb' und Treue, –
Dort find'st Du ihn gewiss!
2. Silbe.
Als Gott das Sündenpaar vom Paradiese
Hinaustrieb, pflanzt' er mich in ihre Seelen,
Um als Erinn'rung sie zu quälen.
Ihr Schweiß betaute Feld und Wald und Wiese;
Da fiel ein Samenkorn von ihrer Qual,
Ein Samenkorn aus ihrer Herzenswunde,
Das Wurzel fasst im locker'n Grunde.
Seitdem gedeih' und wachs' ich überall,
Wohl Dir, wenn ich nur Deinen Leib gefährde,
Wenn keine Schuld mich Dir ins Herz gedrückt!
Und Heil Dir, wenn ich nicht zur Krone werde,
Die Deine Stirn' mit blut'gen Tropfen schmückt,
Die erst, wenn einst Dein Lebensstrahl verglimmt,
Dein Engel Dir vom Haupte nimmt.
Das Ganze.
Ich bin Dir verhasst, denn ich wecke
Unleidliche Pein, und stecke
Im finsteren Aufenthalt;
Dort trotz' ich der List und Gewalt,
Dort koch' ich Dir Qual und Schmerz,
Und sende Dir Stiche ins Herz.
Leich[e] + Dorn = Leichdorn
Leichdorn ist ein veralteter Ausdruck für ein Hühnerauge.
Aus dem poetischen Nachlasse von Mathias Leopold Schleifer. Mitgetheilt von K. A. Kaltenbrunner. Jurendes Vaterländischer Pilger auf das Jahr 1848, Nr. 2.