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Rätselgedichte, Rätselreime

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Rätselgedicht Nr. 9297

von Eduard Prosch

Scharade (1+1 Silben)

Ich kenn' ein Land voll Wundergaben,
Voll reichen! Zauber der Natur;
Des großen Königs Gärten haben
Nicht schön're Pracht der Blumenflut.

Gen Himmel starren Felsenmassen
Bis in der Wolken lichten Bau,
Und ihre Silberkron' umfassen
Die Sterne und des Äthers Blau.

Es rauscht herab von! Bergesgipfel
In jähen Sturz der Wasserfall,
Der Riesen-Tannen dunkle Wipfel
Ersticken dumpf den lauten Schall.

Hoch über Wolken trägt der Flügel
Im kühnen Flug den stolzen Aar.
Es bietet der kristall'ne Spiegel
Des Sees die Pracht uns doppelt dar.

Und soll ich nun dies Land Euch nennen,
So nenn' ich's mit dem ersten Wort',
Doch muss ich auch zugleich bekennen,
So heißt auch eine Stadt, ein Ort.

Dort wohnt ein Volk, das ist gediegen,
Ein kräftig Volk in allem Tun,
Bewährt in Kämpfen und in Siegen
Und fleißig wenn die Waffen ruh'n.

Das zweite Wort ist sehr verschieden
Und mannigfach in feiner Art.
Wohl schlummert's meist in tiefem Frieden
In Bergesgründen aufbewahrt;

Doch liegt es offen auch zu Tage
Und dient dem Menschen überall
Zu Freud' und Lust, zu Schmerz und Plage
Je nach dem Werte und dem Fall.

Es glänzet bei der Kerzen Flimmer
Wie Sonnenglanz im Tropfen Tau,
In allen Farben strahlt sein Schimmer,
In Rot und Grün, in Gelb und Blau.

So wird's geschätzt in jeder Zone
Und edel nennt man seinen Wert,
Das Schönste in des Kaisers Krone
Wird höher nicht und mehr geehrt.

Doch ach, ihm fehlt das eigne Leben,
Die Seele fehlt, das eigne Licht,
Nur fremdes Feuer kann ihm geben
Was ihm an eigner Glut gebricht.

In tausend Büchern kannst Du lesen
Wie's stets verlockt das Aug' der Welt;
Am nichtigsten wird dann sein Wesen,
Wenn man's den Weisen zugesellt

Es diente einst im Altertume
Des ganzen Wortes hoher Wert
Den Göttern selbst zum Preis' und Ruhme
Und ward von aller Welt geehrt.

Doch auch noch jetzt in unsern Tagen
Wird es gesuchet und geschätzt;
Von schönen Frauen wird's getragen
Zur Zierde und zum Schmuck noch jetzt.

Und wie es einstmals von Altären
Zur Gottheit duftend stieg empor,
So hüllt es jetzt, es hoch zu ehren,
Marias Bild in Wolkenflor.

Oft bürgt es unter gold'ner Hülle
Ein Wesen lebender Natur,
Oft zeigt es Spuren aus der Fülle
Der Wiesen und der Blumenflur.

Aus Schmerzenstränen ist's entstanden
Die um den Phaeton geweint
Die Heliaden, die sich fanden
Verwandelt, ihn dem Tod geeint

So birgt's in Wunderbarer Weise
Geheimnisvolle, stille Kraft,
Die durch Bewegung oft nur leise,
Durch Reibung wird zu Tag geschafft.

Lösung anzeigen

Bern + Stein = Bernstein

Anmerkungen

Phaethon (gr. »scheinen«) ist in der griechischen Mythologie bei Hesiod der Sohn des Kephalos und der Göttin Eos, der Schwester des Sonnengottes Helios. Seit Euripides ist Phaethon der Sohn des Helios und der Klymene, also ein Neffe der Eos. Phaeton ist auch als Namenspatron in Wissenschaft und Technik bedeutsam, siehe Phaeton.

Die Heliaden (gr. »Sonnentöchter«) sind in der griechischen Mythologie die Töchter des Helios: Phaetusa, Lampetia, Aigle, Schwestern des Phaeton, dem sie ohne Erlaubnis des Helios den Sonnenwagen anspannten, mit dem er dann abstürzte, wurden aus Strafe dafür oder aus Mitleid, da sie den Tod des Bruders untröstlich beweinten, in Pappeln verwandelt. Aus ihren Tränen entstand der Bernstein, denn selbst als Bäume schwitzten sie noch goldene Tränen aus.

Verweise

Scharaden, Prosch