Zu den schönsten Gleichnissen, welche die Begeisterung jemals einem Dichter eingegeben hat, gehören gewiss die beiden folgenden.
Das erste entstammt dem Orient:
Stark, wie der * ist die Liebe
Und wie das * beständig
Und heftig und feurig wie ****
Ein alter Philosoph wurde gefragt, was das Stärkste sei. Die Notwendigkeit, gab er zur Antwort; oder nach anderen: das Schicksal. Er mochte dabei an die Kraft seiner eignen Philosophie, oder aller Philosophie überhaupt denken. Und mit dieser weiß das Schicksal freilich immer fertig zu werden, wenn er sich vorgenommen hat, die Wirbel unserer philosophischen Neckerei herabzuspannen. Aber dennoch gibt es ein Stärkeres, als das Schicksal; weil es uns der Macht desselben zu entreißen vermag, indem es alle Freude vernichtet und allen Schmerz, Auch die glückliche Liebe vertilgt jede Erinnerung an frühere Leiden, und gestattet dem Schmerze keinen Zugang zu unserem Herzen: der Schmerz einer unglücklichen Liebe hingegen verschlingt jede frohe Erinnerung und vergällt uns jeden Zug aus dem Becher des Glückes, wie der Hoffnung. Darum, weil auch sie den Schmerz zu vernichten vermag, wie die Freude, ist die Liebe stark, wie der — [1].
Alles ist bestandlos. Alles verwandelt sich und löst sich ab von dem, womit es sich verbunden hat. Nur das * ist beständig; nie lässt es wieder, was es ergriffen hat: Und auch die Liebe lässt nicht wieder, was sie ergriffen hat. Darum sind nur zwei Dinge beständig, die Liebe und — [2].
Heftig und feurig ist die Liebe, wie ****. Denn wie diese heftig auflodernd trüb und düster in die finstre Nacht hineinleuchten, so lodert auch die Liebe mächtig empor; so fällt auch ihr Schimmer zunächst auf das Grab; und so wirft auch sie ihren Schimmer über das Grab hinaus in ein besseres Leben [3].
Das zweite Gleichnis ist von Dante
»Die menschliche Seele« sagt er, »sei aus der Hand Gottes gekommen, wie ein kleines Mädchen , das lachend und weinend sich kindisch stellt.«
— — — — a guisa di fansuilla
[Purgatorio. Cont. XVI.]
Wie ein kleines Mädchen weiß sie anfangs nicht dass die Freude vergänglich ist wie der Schmerz, und der Schmerz wie die Freude; dass diese ewig: jenen, und jener ewig diese erzeugt und vernichtet. Und wenn sie es auch erfährt, so hört sie darum doch nicht auf zu lachen und zu weinen, und sich kindisch und ungebärdig zu stellen in der Freude, wie im Schmerz: bis sie nicht gelernt hat, dass beide in sich selbst nichtig sind, und bis sie sich dem Einfluss beider nicht entwunden hat in dem Zurückstreben zu ihrem —
Sieben Zeichen hat das. Wort, welches dir auf das Ziel eines solchen Strebens hinweist. Täuschend deuten die beiden ersten auf ein selbständiges Dasein, das nur im Ganzen, und nur in diesem allein vorhanden ist. Ein solches Dasein erkennst du aber im Ganzen darum an, weil es, was die fünf letzten Zeichen besagen, von Allem ist, was du immer als ein Wirkliches zu denken, oder zu erkennen vermagst [4].
Ich kann der Versuchung nicht widerstehen, an diese zwei Perlen noch die dritte anzureihen.
»Das ist für mich der tödlichste Verdruss,« sagt im ersten Teile von Shakespeares Heinrich IV. Mortimer in der Abschiedsszene von seiner Gattin –
Mein Weib versteht kein Englisch, ich kein Welsch.
Später sagt er, als Lady Mortimer auf Welsch zu ihm redet:
Ja, ich versteh' den Blick, das holde Welsch,
Das du von diesen schwell'nden Himmeln gießest,
Ist zu bekannt mir: und, schämt' ich mich nicht.
So wollt' ich dir in dem Gespräch erwidern.
— — — — — — deine Zunge
Macht Welsch so süß wie hoher Lieder Weisen,
Die eine schöne Königin entzückend
Zu ihrer Laut' in Sommerlauben singt.
Wie in jenen beiden erstern Gleichnissen ihre Tiefe, so ist es in diesem eine bewunderungswürdige Helle und Heiterkeit, wodurch wir überrascht werden ; und kaum hat noch irgend ein Dichter ein Gleichnis ausgesprochen, das zu gleicher Zeit zarter und heiterer wäre, als das zuletzt angeführte.
1. Tod; 2. Grab; 3. Todesfackeln; 4. Urquell