Das Echo
Die Sonne sank, – in Schwermut tief versunken
Ging Röschen in
ihr Lieblingstal,
Gleich Ennas Tal, wo liebetrunken
Dies seine Proserpine stahl.
Auf Röschens
zarte Wange
taute
Ein Tränchen: heftig pocht ihr Herz;
Den Bergen dieses Tals
vertraute
Sie ihren
Kummer, – ihren Schmerz.
»So ist mir denn kein Trost geblieben!
Den ich
geliebt so innig
warm,
Sein Schicksal hat ihn fortgetrieben;
Am Herzen nagt mir bitt'rer
Harm.
Wer wird
mich nun, – wer wird mich lieben?! –
Zwar bin ich hübsch, doch bin ich arm;
Wer wird das arme Röchen lieben?
Denn, ach! mein ganzer Reichtum ist
Ein Lädchen
nur mit Schwefel und Salpeter.«
Sie sprach's, und plötzlich schrie sie Zeter;
Ein Rot, das
lange sie vermisst
Schlich auf die Wangen sich, vom Zephyr gern geküsst; –
Es flogen aufgelöst
in Locken ihre
Haare;
In ihren Busen quoll der Freude Zauberruh';
Denn Echo rief ihr
rasch im ersten
Silbenpaare
Den Namen des Geliebten zu.
Das Mädchen fängt nun an, zu zagen,
Es schweigt, und denkt und zittert nun;
Soll es die Nymphe weiter fragen?
Was soll das arme Röschen
tun? –
Die Holde fasste Mut, es immerhin zu wagen,
Ihr Leid der Nymphe
vorzutragen.
»O
güt'ge Nymphe! sage doch,
Lebt dieser holde Jüngling noch?
Ach! lass mich
nicht im Schmerz
versinken!
Sein Schicksal sei mir offenbar; –
Ja, Nymphe! reiche mir des
Leidens Becher dar!
Mit Wollust will ich dann den gift'gen Tropfen trinken,
Der eine Hoffnung
mir gebar.
O Nymphe! sage mir: Er ist mir noch? – Er war?
Mit Schaudern
denk'ich den Gedanken, –
Und
einen Himmel seh'ich wanken, –
Ach Gott! Er lebt nicht mehr! – Er war!« –
Sie schwieg; da
sträubte sich ihr Haar;
Es ward ihr, leider! offenbar.–
Kaum schloss das
Mädchen seine Bitte,
Von falscher Hoffnung nur betört,
Kaum hatte Echo sie gehört,
Ertönte
schon der Silben
Dritte.
Da sträubte sich des Mädchens Haar;
Es ward ihm, leider! offenbar.
–
»So ist er hin,
der Edle, Gute!
Der holde Jüngling ist dahin.
Auf, Röschen! waffne dich
mit Heldenmute!
Ich atmete, ich lebte nur für ihn;
Besiegele ich dies mit meinem Blute. –
Der traute Jüngling
ist dahin! –
Doch blieb ihm heilig jene Treue,
Die weinend er der Teuren
schwur?
Der
Mann, – er liebet nur das Neue,
Für Liebe fühlt ein Mädchen nur.
O gü'ge
Nymphe, drum
verkünde:
Gedachte noch der Jüngling sterbend mein?
Blieb in des Lebens
Irrgewinde
Des
Trauten Liebe treu und rein?
Blieb immer seine Liebe mein?
O güt'ge Nymphe,
dies verkünde!
Dann sei das schönste Opfer dein!« –
Sie schwieg; – in ihrem Busen regen
Durchkreuzende
Gefühle sich; –
Es tönte (Röschens Zweifel wich)
Der Silben Letzte ihr
entgegen. –
»So ist es
wahr, du liebtest mich!
Was ist dem Mädchen nun ein Leben,
Das keine Rosen
mehr, –
das
Dornen nur umgeben?
Du, trauter Jüngling! rufest mir;
Ich höre dich und
folge dir! –
Die schönen Bande sind zerrissen!
Es glänzet mir, o Tröster Tod!
Es glänzt aus
deinen Finsternissen
Des Wiedersehens Morgenrot.
Mir bleibt der schöne Trost, getreu dich mir zu wissen!«
Sie sprach's und schneller als sie sprach,
Stürzt Röschen, treu von Liebe
fortgezogen,
O Donau! sich in deine Wogen,
Und folgte dem Geliebten nach.
Zu einer frommen Wallfahrt kamen
Hier fromme Ungarn her, und bauten eine Stadt, –
Das Ganze, – welches seinen
Namen
Dem
Echo noch zu danken hat.
Peter + war + dein = Peterwardein
Proserpina war eine römische Gottheit. Sie war die Tochter des Jupiter und der Ceres und Gattin des Pluto, der sie in die Unterwelt entführte und zu seiner Gemahlin machte. Sie ist die Herrscherin über die Toten und Königin der Unterwelt. [Wikipedia]
Zephyr (gr. »der vom Berge Kommende«) ist einer der Anemoi, eine Windgottheit aus der griechischen Mythologie, die den (milden) Westwind verkörpert. In der Antike wurde Zephyr als Frühlingsbote und »Reifer der Saaten« verehrt. [Wikipedia]
In der griechischen Mythologie sind Nymphen weibliche Gottheiten niederen Ranges, welche als Personifikationen von Naturkräften überall auftreten und teils als Begleiterinnen höherer Gottheiten wie des Dionysos, der Artemis oder der Aphrodite, teils als selbstständig wirkend gedacht wurden. [Wikipedia]
In der Schlacht von Peterwardein am 5. August 1716 schlug hier Prinz Eugen von Savoyen mit 80.000 Kaiserlichen ein 150.000 Mann starkes osmanisches Heer vernichtend. [Wikipedia]
Echo ist in der griechischen Mythologie die Oreade (Bergnymphe) des Berges Helikon und eine Tochter der Gaia. Echo unterhielt im Auftrag Zeus' dessen Gattin Hera mit dem Erzählen von Geschichten, damit Zeus Zeit für amouröse Abenteuer hatte. Als Hera dieses Komplott entdeckte, beraubte sie Echo zur Strafe der Sprache und ließ ihr lediglich die Fähigkeit, die letzten an sie gerichteten Wörter zu wiederholen. [Wikipedia]