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Rätselgedichte, Rätselreime

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Rätselgedicht Nr. 3141

von Karl Franz von Holzing

Scharade (1+1 Silben)

An Laura

Es prüfe, wer sich ewig bindet,
Ob sich das Herz zum Herzen findet;
Der Wahn ist kurz – die Reu ist lang.

(Schiller)

Ich träumte sonst von Blumenfluren,
Vom Hauch der Liebe angefrischt;
Ich spielte dort; doch ihre Spuren, –
Die schönen Spuren sind verwischt.

Verblühet sind die Rosenlauben, –
Vergangenheit! auf deinem Grab; –
Und traurig schwör' ich meinen Glauben
An eine bess're Zukunft ab.

Du ruhst dem Glücke noch im Schoße;
Das Feuer deiner Jugend glimmt,
Und heiter fallen dir die Lose,
Wenn Liebe deine Wahl bestimmt.

Genieß der Freude schöne Stunde,
So lang du noch das Erste bist,
So lange noch auf deinem Munde
Die Liebe dir die Rosen küsst. –

Denn teilet Liebe die Empfindung
Von deinem zarten Herzen nicht,
Dann weinst du über die Verbindung,
Die Dornen dir zum Kranze flicht.

Gewaltsam suchst du zu verhehlen,
Was oft ich traurig dir geklagt; –
Dem Tausche gleich gestimmter Seelen
Gezwungen hast du ihm entsagt; –

Ich liebte dich mit einem Feuer,
Das nur ein Gott dem Menschen gibt;
Bekenne selbst, wer hat dich treuer,
Wer hat dich inniger geliebt? –

Den Himmel wähnt' ich mir beschieden;
Wer hätte nicht dem Wahn geglaubt?
Ein Augenblick hat meinen Frieden,
Hat meine Seligkeit geraubt.

Du bist, o Holde, mir verloren;
Doch wenn du auch, – auf immer sein,–
Als Zweites Liebe ihm geschworen,
Mein Herz gehört auf ewig dein! –

Des Schicksals launenhafte Wendung
Zerstört, was eh'mals mich erfreut,
Bis einst am Ziele die Vollendung
Mir freundlich ihre Palme beut.

Wohin sich nur das Auge wendet,
Erneuert sich die herbe Pein;
Der Himmel und die Erde sendet
Dein Bild mir zu im Rosenschein.

Entrollt die Bücher der Sibyllen,
Und deutet mir der Sterne Lauf! –
Die Holde opfert ihren Willen
Dem harten Willen and'rer auf.

Stehst du geschmückt im Hochzeitkleide,
Für mich zur Qual, für ihn zum Ruhm,
Dann wandelt sich zu meinem Leide
Das Ganze in das Letzte um.

Dann soll ich deinen Anblick meiden? –
Doch wer dich einmal nur geseh'n,
Der sieht dich, züchtig und bescheiden,
Als Ganzes ewig vor sich steh'n.

Gedenke meiner, himmlisch Reine,
Durchschauert mich des Todes Ruh';
Wenn ich zum letzten male weine,
Dann drücke sanft mein Auge zu.

Lösung anzeigen

Jung + Frau = Jungfrau

Anmerkungen

Eine Sibylle ist dem Mythos nach eine Prophetin, die im Gegensatz zu anderen göttlich inspirierten Sehern ursprünglich unaufgefordert die Zukunft weissagt. Wie bei vielen anderen Orakeln ergeht die Vorhersage meistens doppeldeutig, teilweise wohl auch in Form eines Rätsels. [Wikipedia]

Verweise

Scharaden, Holzing