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Rätselgedichte, Rätselreime

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Rätselgedicht Nr. 1522

von Wilhelm Jordan

Rätsel

Sprich, welche Zwillingsschwestern
Hat stets wie heut und gestern
Die Mutter umgebracht,
Die eine durch Enteilen,
Die andere mit Pfeilen
Von unbesiegter Macht?
Sie schmücken die Portale
Im hochgewölbten Saale
Mit purpurnem Behang
Und leihen, frei vom Neide,
Ihr köstlichstes Geschmeide
Einander wochenlang.
Auch melden alte Mären
Wie sehnlich sie begehren
Nach trautem Stelldichein.
Doch selbst den Gruß der Blicke
Versagen die Geschicke
Fast immer diesen Zwei'n.
Nur wo nach langem Streiten
Der Mutter ganz zu Zeiten
Die Feindin weichen muss,
Da kommen sie zusammen
Und Erd' und Himmel flammen
Von beider Schwestern Kuss.

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Abendröte und Morgenröte

Anmerkungen

Die Mutter ist der Tag (alternativ: die Sonne), der Abend wird durch Enteilen (des Lichts), der Morgen mit den "Pfeilen des Lichts" umgebracht. Der hochgewölbte Saal ist die Himmelssphäre; der purpurne Behang sind Abend- und Morgenrot. Abend und Morgen sehen einander nie; nur wenn der Tag der Polarnacht weichen muss, gibt es nördlich/südlich der Polarkreise Abend und Morgen gleichzeitig.

Verweise

Worträtsel, Jordan