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Rätselgedichte, Rätselreime

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Rätselgedicht Nr. 1004

von Gustav Theodor Fechner

Rätsel

Es ist eine kleine Unterwelt,
Die sich im Bilde vor euch stellt;
Nur statt der Lethe ist darin
Ein Wasser von ganz anderm Sinn.
Man kommt durch einen engen Schacht
In einen Raum, so schwarz wie Nacht;
Da breitet sich ein dunkler See;
Allein kein Berg ragt in die Höh';
Kein Fisch schwimmt auf des See's Grund;
Nicht Vögel fliegen drüber bunt;
Nur Wesen, weißen Geistern gleich,
Die steigen oft herab zum Teich,
Zu trinken draus; ein kleiner Schluck
Ist jedem auf einmal genug.
Dann, wie begeistert, reden sie
Von dem, was sie gesehen nie,
Von jeglicher Vergangenheit,
Von jetziger und künft'ger Zeit;
Und fließt die Rede nicht mehr gut,
Gibt neuer Trunk gleich neuen Mut.
Zuletzt ist ausgetrunken der See;
Dann füllt er sich wieder aus der Höh'.

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Das Tintenfass

Anmerkungen

Lethe ist in der griechischen Mythologie einer der Flüsse der Unterwelt, der Trank des Vergessens. Die Seelen der verstorbenen mussten aus dem Fluss Lethe trinken, bevor sie wiedergeboren wurden, auf dass sie sich an ihre vorherigen Leben nicht erinnern könnten.

Verweise

Worträtsel, Fechner, Bauer