Logo
Rätselgedichte, Rätselreime

≡ ► ◄ ▲

Rätselgedicht Nr. 368

von Franz Brentano

Rätsel

Die Pflanze
Im ersten Lenz entsprossen,
Aus kleiner Wurzel schlank hervorgeschossen,
Von Duft und Tau begossen,
Entflieh ich, wenn der Sommer sich geschlossen.
Den Mönchs- und Nonnenklöstern bin ich Feind,
Nur halb und halb den Kapuzinern Freund.
Vormals der Freiheit Zeichen,
Wird jetzt mir oft ein hartes Los zu eigen,
Denn ach! von schönen Händen
Gefesselt, seh ich meine Freiheit enden.
Und wenn mir eine je die Freiheit schenkt,
So ist in Leid ihr junges Herz versenkt.
Zum Schlusse nur noch eins: es fasst in mir
Den schönsten Stein der größte Juwelier.

Lösung anzeigen

Haare

Anmerkungen

Im ersten Lenz entsprossen,
Aus kleiner Wurzel schlank hervorgeschossen
Haare wachsen bereits im ersten Lebensalter, haben eine kleine Wurzel und sind sehr dünn (=schlank)

Von Duft und Tau begossen,
Haare werden parfümiert und natürlich gewaschen. Auch fällt der Regen zuerst aufs Haupthaar.

Entflieh ich, wenn der Sommer sich geschlossen.
Je älter der Mensch wird, desto wahrscheinlicher fallen ihm die Haare aus – zumindest bei den Männern.

Den Mönchs- und Nonnenklöstern bin ich Feind,
Nur halb und halb den Kapuzinern Freund.
Lange Haare öffentlich zu tragen galt bei Frauen lange Zeit als verpönt (der Ursprung hierfür sind Worte des Apostels Paulus). Auch bei Mönchen wurde das Haupthaar zur Tonsur gestutzt. Nonnen trugen in der Regel Hauben auf dem Kopf.

Vormals der Freiheit Zeichen,
Bei den Griechen galt das lange Haar als Zeichen von Freiheit. Ebenso bei den Germanen. Sklaven und Leibeigene mussten das Haar kurz tragen. Daher auch der Begriff "Gscherter" (= unfreier)

Wird jetzt mir oft ein hartes Los zu eigen,
Denn ach! von schönen Händen
Gefesselt, seh ich meine Freiheit enden.
Das Haar der Frauen wird geflochten zum Zopf oder zum Dutt und unter einer Haube oder einem Kopftuch verborgen

Und wenn mir eine je die Freiheit schenkt,
So ist in Leid ihr junges Herz versenkt.
Das offene Haar bei einer verheirateten Frau war verpönt und nur in Trauerzeiten gestattet. Im 19. Jahrhundert galt es als bei den Damen erstrebenswert, das Haar niemals zu schneiden. Bei schwerer Krankheit wurde das Haar jedoch entfernt, da man annahm, dass das Haar dem Körper Energie entziehe.

Zum Schlusse nur noch eins: es fasst in mir
Den schönsten Stein der größte Juwelier.
bezieht sich auf den Kopf mit dem Gehirn als Ganzes. Gott schuf den Menschen als Krönung der Schöpfung und die im Kopf beheimateter kognitiven Fähigkeiten zeichnen uns vor allen anderen Lebewesen aus.

Verweise

Worträtsel, Brentano, Forum, Forum, Forum