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Rätselgedichte, Rätselreime

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Rätselgedicht Nr. 6606

von Gustav Feuerlein

Logogriph

Zwei Silben zeigen Dir – wie nenn' ich's? – Wiegen,
Die keine Kunst, nur die Natur erschafft;
Kein Tischler möchte sie zusammenfügen,
So fein gebaut, in solcher Meisterschaft;
Du siehst in ihnen Embryonen liegen,
Vom Tod, meist eh' sie leben, weggerafft;
Nur Wärme kann sie retten und verwandeln,
Und jener Welt꞊Entdecker sie behandeln.

Ein Laut nur vorgesezt! – Und schau und lausche,
Wie ganz schuf mich ein einzig Zeichen um!
Dass ich entzückend Ohr und Herz berausche,
Erkannte schon das frühe Altertum;
Verliebte lud ich ein zum Seelentausche,
Zum Tode Krieger und zu ew'gem Ruhm;
Ich wusste Löwen, Tiger selbst zu schmelzen,
Und mir nachtaumeln mussten Wald und Felsen.

Doch ich verklang mit jenem Dichter꞊Orden,
Der zu mir sang in Rom und Griechenland;
Ich musste weichen künstlicher'n Akkorden,
Die das Talent der neuern Zeit erfand;
So bin ich ein verächtlich Wort geworden,
Mit Langerweil' und Ungeschmack verwandt –
Drei weit're Zeichen können nur mich ändern
Zu einer Hauptzier in den Morgenländern.

Doch auch der Westen hat mich längst erkoren,
So wie der Süden zu beliebtem Putz;
Die Schaulust hat allein durch mich verloren,
Denn der Verschämtheit leih' ich Schirm und Schutz;
Vielleicht hat die Gefallsucht mich geboren,
Vielleicht die Eifersucht, vereint mit Trutz:
Bald soll ich anmutsvoll zur Liebe reizen,
Bald mit den Liebesreizen schalkhaft geizen.

Schon vielen bracht' und bring' ich noch Verderben,
Ergriff mich ihr voreiliger Entschluss;
Statt Himmelslust durch mich sich zu erwerben,
Erwarben sie sich höllischen Verdruss;
Denn wer mich wählt, erwählt es, abzusterben
Selbst edlern Freuden, jedem Weltgenuss;
Zu leben – wie? – so lang dies Dasein dauert,
In eine Gruft lebendig eingemauert.

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Eier, Leier, Schleier

Verweise

Logogriphe, Feuerlein