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Rätselgedichte, Rätselreime

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Rätselgedicht Nr. 6400

von Elisabeth Ebeling

Scharade (2+2 Silben) in dramatischer Form

Erste Szene. Die beiden ersten Silben.

Personen:

Ein Quacksalber
Ein Bauer.
Eine Bäuerin.
Eine Frau mit einem Schulknaben
Ein Bettelmann
Stumme Zuschauer.

(Der Quacksalber ist phantastisch gekleidet, hat einen großen Mantel um, einen spitzen Hut auf und einen langen Bart von Flachs. Die Bäuerin trägt ein Kopfweh, der Schulknabe hat Bücher und eine Schiefertafel Unter dem Arm. Der Quacksalber steht vor einem Tisch, auf welchem sich mehrere Flaschen befinden, sämtlich mit langen Papierstreifeinversehen, worauf zu lesen ist: Tinctura Vitae (Lebenswasser)).

Quacksalber (laut und pathetisch)

Ich bin der Doktor Morgenrot!
Heran, Ihr Herrn und Damen,
Ich helf Euch allen aus der Not,
Ihr Tauben, Blinden, Lahmen.
Von Podagara von Ohrenpein,
Will ich Euch flugs kurieren;
Das Fieber und den Magenkrampf
Sollt Ihr durch mich verlieren.
Den Husten und den Hexenschuss
Will ich sofort verjagen;
Ich heile Gicht und Rinderpest —
Katarr und schwachen Magen.
Ich operiere meisterhaft —
Ich will den Star Euch stechen,
Ich schneide jedes Glied Euch ab,
Ich heile die Gebrechen.
Für jede Krankheit meine Kunst
Ein Mittel hat erfunden:
Tinctura Vitae nennt es sich,
Wer's braucht, der muss gesunden.

(Der Bauer und die Bäuerin treten an den Tisch)

Bauer.

Herr Doktor, ich bin Peter Riese,

(auf die Frau deutend)

Das ist mein Weib, die dumme Viele.
Wir kommen Euch das Leid zu klagen,
Dass wir uns gar so schlecht vertragen.

Bäuerin.

Ja, Peter, das ist Deine Schuld,
Mit Dir verliert man die Geduld.

Bauer (heftig).

Du kannst ja nimmer Frieden halten!

(Zum Quacksalber)

Gewiss, es liegt an meiner Alten;
Ihr müssen Sie Tinktur verschreiben
Um ihr die Grillen zu vertreiben.

Quacksalber (pathetisch).

Mein lieber Peter, gute Frau —-
Was Euch gebricht, weiß ich genau,
Es ist ein tiefes, schweres Leiden
Und steckt die Krankheit in Euch beiden.
Ein Mittel gibt's für diese nur,
Und das ist meine Krafttinktur.

(Gibt eine Flasche an Peter)

Zehn Tropfen werden nötig sein,
Die gießt in kaltes Wasser ein,
So oft die bösen Launen kommen,
Wird flugs ein Löffel voll genommen,
Den haltet Ihr in Eurem Munde
Wohl eine gute, halbe Stunde;
Dann werden sich, bei meinem Leben,
Die Zänkereien baldigst geben.

(Peter legt ein Geldstück auf den Tisch und zieht sich mit seiner Frau zurück. — Die Frau mit dem Schulknaben tritt an den Tisch)

Frau.

Ich bringe meinen Jungen her,
Dem wird das Lernen allzu schwer.
Er isst und trinkt in einem fort
Doch lernt er in der Schul kein Wort.
Wenn Sie den Toffel mir kurieren
Will ich gehörig honorieren.

Quacksalber.

Komm einmal her, mein lieber Junge,
Zeig' Deinen Puls, zeig' Deine Zunge.

(Töffel steckt die Zunge weit hinaus; der Quacksalber besieht sie, befühlt auch die Stirn des Knaben und schüttelt mit wichtiger Miene den Kopf)

O weh, der Kopf ist von natura
ZU dick. Doch helfen Wird tinctura
Das Mittel, dessen Wunderkraft
Dem Geist Verstand und Weisheit schafft.

(Gibt der Frau eine Flasche und ein Tuch)

Sie gießt davon drei volle Löffel
Auf dieses Tuch, und bindet's Töffel,
So dass es fest sitzt, um die Stirn,
Es stärkt dies Mittel sein Gehirn.
Dreimal am Tage wird's erneut —
Und während dieser ganzen Zeit
Muss Töffel rechnen, schreiben, lesen,
Sonst ist die Kur umsonst gewesen —
Und kann auf keinen Fall gelingen,
Ja! kann sogar den Tod ihm bringen.

(Die Frau legt Geld auf den Tisch und tritt zurück. Bettelmann tritt vor).

Ich mühe mich seit langen Jahren
Umsonst damit, mir Geld zu sparen.
Hab' immer Hunger, immer Durst,
Nach Bier und Branntwein, Speck und Wurst;
Denn wisst, es kann mein schwacher Magen
Schwarzbrot und Wasser nicht vertragen.
So bleib' ich stets ein Bettelmann:
Sagt mir, wie fang' ich's anders! an.

Quacksalber.

Tinctura Vitae ganz allein
Wird hier das rechte Mittel sein;
Ihr müsst Euch, lieber Freund, bequemen,
Davon alltäglich einzunehmen;
Doch werdet Ihr Euch hüten müssen,
Zu fette Speisen zu genießen.
Ihr müsst um Geld und Kraft zu mehren
Von Brot und Wasser Euch ernähren.
Müsst tüchtig regen Arm' und Hände
Die ganze Kurzeit bis zu Ende.
Ihr werdet, was Ihr wünscht erhalten,
Wenn Ihr zehn Haufen Holz gespalten.

(Der Bettelrnann legt einige kleine Münzen auf den Tisch, dann tritt er zurück, — worauf sich der Quacksalber mit folgenden Worten an die Zuschauer wendet)

Will Keiner von den Herrn und Damen
Mit einem Auftrag mich beehren?
Mein Mittel hilft auf Ehrenwort,
Das wird die Zeit Euch lehren.
   Drum schnell heran
   Zum Wundermann
Sein Mittel zu probieren
Macht schnell, eh' er nach Asien geht,
Den Mogul zu kurieren

Zweite Szene. Die beiden letzten Silben.

Personen:

Ein Polizeibeamter.
Eine alte Jungfer.

(Der Polizeibeamte sitzt schreibend an einem Tisch. Die alte Jungfer kann von einem Knaben, oder von einem jungen Mädchen dargestellt werden. Sie trägt falsche Locken, einen Hut mit Blumen und einen großen Pompadour und spricht sehr geziert. Zuerst ist der Polizeibeamte allein. Es klopft wiederholt an die TürJ

Polizeibeamter.

Herein!

Abermaliges Klopfen).

Herein!

(Das Klopfen hört nicht auf. Der Polizeibeamte springt ungeduldig auf und öffnet ungestüm die Türe. Die alte Jungfer stolpert erschrocken ins Zimmer).

Polizeibeamter.

Wer stört mich nun schon wieder?

Jungfer (für sich).

Wie grob er ist, mir zittern alle Glieder.

Polizeibeamter.

Was führt Sie her? Ich habe wenig Zeit.

Jungfer (sich setzend).

Verzeihen Sie, mein Weg ist gar zu weit.

Polizeibeamter.

Was wollen Sie, Madame, dass Sie mich stören?

Jungfer (sehr geziehrt).

Ich bin noch unvermählt und kann nicht hören.

Polizeibeamter (für sich).

Potz Element, es: ist nicht auszuhalten
Mit dieser dummen, zimperlichen Alten.

Jungfer.

Es lebt mir in Berlin als Anverwandte,
Als mütterliche Freundin, eine Tante.
Der Tante Tochter, eine zarte Blume,
Hat einen Vetter, dessen jüngste Muhme
Mit einer alten Dame ist verwandt,
Die meine Mutter noch als Kind gekannt.
Der Neffe dieser Dame, jung an Jahren,
Doch an Verstand und Weisheit sehr erfahren,
Gedenkt an zehnten Mai sich zu vermählen.

(Der Polizeibeamte, der während der ganzen Zeit Zeichen der höchsten Ungeduld gezeigt, springt wütend auf)

Polizeibeamter.

Gedenken Sie noch länger mich zu quälen?

Jungfer.

O, stören Sie mich nicht, nun kömmt das Beste;
Das Brautpaar lud mich ein zum Hochzeitsfeste
Und ich gedenke nun aus diese Weise
Zu unternehmen eine weite Reise,
Und da ein Pass dazu von Nöten ist,
Ersuch' ich Sie daraus, Herr Polizist.

Polizeibeamter (nimmt Papier und Feder und frägt sehr laut)

Geboren wo?

Jungfer.

Verehrter Herr, in Kyritz

Polizeibeamter.

Wie heißen Sie?

Jungfer.

Pankratia Teckelspitz

Polizeibeamter.

Ihr Alter ist?

Jungfer.

Verehrter Herr, in Kyrixk

Polizeibeamter (lauter).

Wie alt Sie sind?

Jungfer.

Pankratia Teckelspitz.

Polizeibeamter (noch lauter)

Wie alt find Sie?

Jungfer.

Verehrter Herr, in Kytitz.

Polizeibeamter (schreiend)

Wie alt — wie alt?

Jungfer.

Pankratia Teckelspitz.

Polizeibeamter (aufspringend und ihr ins Ohr schreiend)

Wie alt Sie sind, — ich kann's nicht mehr ertragen.

Jungfer (sehr geziert)

Wie kann ein Mann nach meinem Alter fragen.

Polizeibeamter.

Werd' ich's erfahren, oder nicht — Mamsell?

Jungfer.

O, nein, mein Herr, da stürb' ich auf der Stell!

(Aufstehend, in gereiztem Ton)

Wenn Sie durch Zwang zum Äußersten mich treiben,
Will lieber ich daheim in Kyritz bleiben.

Dritte Szene. Das Ganze.

(Es wird in einem lebenden Bilde auf folgende Weise dargestellt: Einige Mädchen sitzen zu beiden Seiten des Zimmers im Halbkreise auf Stühlen, welche mit Tüchern behängt sind. Im Mittelpunkt
stehen zwei Knaben — wo möglich mit Helm und Harnisch angetan — mit gezückten Schwertern  oder Lanzen.)

Lösung anzeigen

Mittel + Alter = Mittelalter

Verweise

Rätselgeschichten, Scharaden, Ebeling