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Rätselgedichte, Rätselreime

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Rätselgedicht Nr. 5649

von Friedrich Wilhelm Riemer

Rätsel

Ich bin was das Ganze ist
Wenn dein Sinn es nicht ermisst;
Ich bin und bin wieder nicht,
Da mir eignes Sein gebricht;
Ich bin einzig durch den Schein,
Doch so nehm' ich für mich ein.

Wer mich kennt, dem bin ich nicht,
Nur, wer sich den Kopf zerbricht;
Und doch hat, wer mich verstand,
Sich und andern viel Verstand.
Meine Dauer ist schon alt;
Und in mancherlei Gestalt,
So im Scherz als Ernst gestellt,
Unterhielt ich einst die Welt.

Dichter bin ich auch und echt,
Bild auf Bild ist mir gerecht.
Bin wie Seifenblasen-Luft,
Sprich ein Wort und sie zerpufft,
Farbendunst getrübten Lichts
Ist zerstiebt sogleich in Nichts;
Schmetterling, der, wie erfasst,
Auch verliert den Farbenglast.

Nur sezieren kannst du mich
Erst wenn mir der Geist entwich;
Doch ein zweiter Phönix drauf
Führ' ich neuen Lebenslauf
Und geh' aus dem Nichts hervor,
Find' ich ein unschuldig Ohr.
Endlich bin ich selber mir
Was ich andern bin, wie hier.

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Rätsel

Anmerkungen

Der Phönix ist ein mythischer Vogel, der am Ende seines Lebenszyklus verbrennt oder stirbt, um aus dem verwesenden Leib oder aus seiner Asche wieder neu zu erstehen.

Quelle

Friedrich Wilhelm Riemer: Gedichte. Bd. 1. Jena: Frommann, 1826.

Verweise

Worträtsel, Riemer