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Rätselgedichte, Rätselreime

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Rätselgedicht Nr. 5402

von Elise Sommer

Scharade (2+1 Silben)

Mein Erstes neigt sich zu dem Meeres Grunde
Und schlummert in der Erde tiefem Schoß,
Verkündet dir des Tages schönste Stunde,
Und ist bald klein und bald unendlich groß.
Die tote Form vermag ich zu beseelen,
Ich bin des Segens, der Zerstörung Spur,
Ich kann allein mich mit mir selbst vermählen.
Den höchsten Reiz verleih' ich der Natur,
Die Knospen wandeln sich in Blütenkronen,
Im Wellentanze schwimmt die goldne Saat,
Und soll die Frucht des Landmanns Fleiß belohnen,
Spend' ich den Segen, den er fromm erbat.

Heut bin ich oft noch deines Willens Meister
Und Morgen dir ein luft'ges Spiel der Macht;
Mich feierten der Vorzeit große Geister
Mit heil'gen Festen voller Glanz und Pracht.
Als noch die Götter auf der Erde weilten,
Vertraute mir ein Volk sein Heiligtum
Und unter feierlichen Hymnen teilten
Da zarte Jungfraun meiner Göttin Ruhm.
Oft bin ich auch verborgen dein Begleiter,
Belebe, sonder Mühe den Atom;
Und eil' ich fort, verbreit' ich schnell mich weiter,
Verkündigt mich der Glocke Schlag im Dom,
Dann stürzt, von Furcht beflügelt, durch die Gassen
Vereint zu einem Zweck das Volk herbei
Und durch die dichten, ungeheuren Massen
Erschallt verzweifelnd wildes Angstgeschrei.
Und nah' ich dir in grausenvoll'rer Stunde,
Wenn unter dir des Donners Stimme brüllt,
Und über dir aus dem geborstnen Schlunde
Ein Strom sich wälzt, und Nacht den Tag verhüllt;
Dann heult der Sturm in der Orkane Toben,
Dann füllt die dicke Luft ein Schwefeldampf,
Der Erde Angeln reißen aus den Globen
Und tödlich wird der Elemente Kampf.
Darfst du mich dein im höhern Sinne nennen,
Beweg' ich mich in deiner reinen Brust,
Dann lehr' dich ich das höchste Gut erkennen,
Die Freude steigert sich zur Götterlust;
Den edeln Eifer, Andrer Schmerz zu lindern,
Sporn' ich zur Tat, der Himmelsruh entquillt;
Und kannst du nicht des Unrechts Frevel hindern,
Wird doch durch mich sein Schmerz vor dir gestillt. –

Mein Zweites lockt dich, wenn des Herzens Friede
Zum Selbstgenuss in der Natur dir winkt,
Wenn, unterm feierlichen Morgenliede,
Den Silbertau der Blüten Phöbus trinkt.
Du wandelst mit mir, wenn im Abendglanze
Die Ruh' sich sanft an ernste Stille schmiegt,
Und malerisch, in seinem Sternenkranze,
Im Meer sich der blaue Himmel wiegt! –

Vereint die Muse mich und nennt mein Ganzes,
Dann ist's ein Name, dem sie Ehrfurcht weiht.
Ein Deutscher, würdig eines Eichenkranzes,
Ein Hasser jeder Ungerechtigkeit,
In Themis Reich ein hochberühmter Meister,
In dessen Wort mein Ganzes sich beseelt;
Ihn nennt mit Stolz der Genius der Geister,
Wenn er mit Nachruhm das Verdienst vermählt.

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Feuer + Bach = Feuerbach

Anmerkungen

Paul Johann Anselm Ritter von Feuerbach (* 14. Nov. 1775 in Hainichen bei Jena; † 29. Mai 1833 in Frankfurt am Main) war ein deutscher Rechtsgelehrter. Er gilt als Begründer der modernen deutschen Strafrechtslehre sowie der Theorie des psychologischen Zwangs und ist Schöpfer des bayerischen Strafgesetzbuches von 1813.

Phöbus ist ein anderer Name für Apollon, in der griechischen Mythologie der Gott des Lichts, der Heilung, des Frühlings, der sittlichen Reinheit und Mäßigung sowie der Weissagung und der Künste, insbesondere der Musik, der Dichtkunst und des Gesangs.

Themis ist in der griechischen Mythologie Tochter des Uranos und der Gaia und gehört zum Göttergeschlecht der Titanen. Sie gilt als Göttin der Gerechtigkeit und der Ordnung sowie der Philosophie.

Quelle

Der Freimüthige für Deutschland, Zeitblatt der Belehrung und Aufheiterung (1819), Nr. 239.

Verweise

Scharaden, Sommer