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Rätselgedichte, Rätselreime

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Rätselgedicht Nr. 9812

von Friedrich Christoph Weisser

Scharade (1+1 Silben)

Oft pflegt, wenn Ihr mein Erstes denkt,
Es gleich dem Tod Euch zu erschüttern,
Und dennoch bleibt, die es Euch schenkt,
Die beste stets von allen Müttern.
Wie mancher wird, gesteht es nur!
Durch eigne Torheit seiner Beute!
Trotz Eurer Furcht, trotz der Natur,
Und trotz der Warnung kluger Leute.
Gebührt ihm noch kein Recht an Euch,
Und seid Ihr dennoch sein, o Jammer!
Kein Schmerzgefühl kommt Eurem gleich,
Selbst nicht die Pein der Folterkammer.
Mein Zweites, seht Ihr Schwarz und Weiß,
So seht Ihr seine Lieblingsfarben.
Schimpf bringt es diesem, jenem Preis,
Und lässt nicht selten beide darben.
Reich ist's an Worten, und doch stumm;
Bescheid gibt es von allen Sachen.
Klug zeigt sich's oft, noch öfter dumm;
Bald macht's Euch weinen, und bald lachen.
Es singt, es betet, flucht und tobt,
Wagt oft die Mächtigsten zu strafen,
Belohnt und züchtigt, tadelt, lobt,
Erhält Euch wach, und heißt Euch schlafen.
Oft buhlt um unverdientes Lob
Sein Witz, pedantisch꞊steif und hölzern,
Und oft entsprudelt's bäurisch-grob
Den ungehirnten Schulumwälzern.
Wollt Ihr's erschaffen, Hand und Kopf
Braucht Ihr dazu vor allen Dingen;
Doch unternimmt das Werk ein Tropf,
So kann's die Hand allein vollbringen.
Gebräch' es uns, dann lebte nie
Dein Nam', Achill! in einem Liede,
Die Zeit, verschlungen hätte sie
Selbst Deinen Ruhm, o Mäonide!
Mein Ganzes, so will's der Gebrauch,
Ehrt nur die Großen und die Reichen,
Doch erst, wenn sie, die Stolzen, auch
Den Armen und Geringen gleichen.
Ein Thraso heißt oft ihm ein Held;
Es rühmt des Wuchrer's Menschenliebe,
Nennt manchen Dunst ein Licht der Welt,
Preist selig Mörder gar und Diebe.
Nie pflegt es, fordert's gleich das Recht,
Sich eine Rüge zu erlauben,
Und Schlechtes heißt ihm nimmer schlecht.
Drum will ihm auch kein Mensch mehr glauben.

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Grab + Schrift = Grabschrift

Anmerkungen

Mäonide ist einer der Beinamen des Homer, entweder nach seinem Geburtsland (Mäonien) oder nach seinem Vater (Mäon).

Thraso ist ein prahlerischer Soldat in der Kommödie »Eunuchus« (»Der Verschnittene«) von Terenz (= Publius Terentius Afer). Sie wurde 161 v. Chr. bei den Ludi Megalenses zum ersten Mal aufgeführt.

Verweise

Scharaden, Weisser