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Rätselgedichte, Rätselreime

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Rätselgedicht Nr. 7364

von Carola Koch

Er/Sie/Es-Rätsel

Mutter und Sohn

Sie ist eine böse Sieben,
Steht, mit ihresgleichen drüben
Tuschelnd, an dem Weg und lauert,
Ob kein Kind sich zu ihr kauert,
Dem sie Arm und Bein und noch was
Stechen kann in ihrem Hass.
Weint es, will die Hündchen ringen,
Dann zitiert sie mit Frohlocken
Aus der Glocken:
»Weiße Blasen seh' ich springen«

Einmal, als im Krieg wir halb verhungert,
Und sie selber noch ganz klein war,
War sie gut zu uns und bot uns
Ein bescheidenes Gemüs' im Frühjahr.
Bienlein dürfen stets von ihren Lippen,
Was sie nährt und labet, nippen.
Doch bei einer andern aus derselben Sippen
Ist erst, einzukehren, wonnig,
Die besitzt ein Originalrezept für Honig.
Endlich ist in der Familie, wenig ungesehn,
Noch 'ne alte Vase, die ich nur erwähn',
Weil sie uns nichts tut, und weil sie schon ganz taub.

Doch von ihm zu sprechen, nun erlaub'!
Etwas gelblich sieht er aus, das stimmt;
Aber dieses niemand wichtig nimmt,
Weil er zäh und kerngesund
Und nicht umzubringen ist, wenn auch nicht rund.
War die Mutter sonst nicht hochgeacht't,
Dass sie diesen Sohn hervorgebracht,
Muss der Mittelstand ihr danken.
Einstmals riss man ihn ihr aus den Flanken,
Aber was erforderlich ist für sein Fach,
Lernt er erst in harter Lehrzeit nach und nach.
Heute, in der Wäschebranche angestellt,
Offeriert er Hemden, Bettzeug das fast ewig hält
Und sich billiger als Leinwand lässt erhandeln.
Mag um seinetwillen denn die Alte uns verschandeln!

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die Nessel, das Nessel

Anmerkungen

1. Brennnessel; 2. Taubnessel; 3. Nesselstoff, Nesseltuch

Die Brennnesseln (Urtica) bilden eine Pflanzengattung in der Familie der Brennnesselgewächse (Urticaceae). Sie kommen fast weltweit vor.

Die Taubnesseln (Lamium) sind eine Pflanzengattung in der Familie der Lippenblütler (Lamiaceae).

Nesseltuch, kurz Nessel, bezeichnet ursprünglich einen aus den Fasern der Brennnessel hergestellten Stoff. Heute wird unter Nessel bzw. Nesseltuch oder Baumwollnessel ein Gewebe in Leinwandbindung aus Baumwolle verstanden.

Die Böse Sieben bezeichnet ein zänkisches Weib. Die Bezeichnung ist aus einem Kartenbild abgeleitet, das eine zankende Korbmachersfrau darstellte, die von ihrem Mann ein Tracht Prügel erhält. Das Kartenbild basiert auf einer Geschichten von Montanus (1565):

Ein Korbmacher fordert eines Tages nach der Fertigstellung eines Korbes seine Frau auf, zu sagen: Gott sei gelobt, der Korb i st gemacht; da die Frau sich halsstarrig weigert, erfolgt eine starke Züchtigung derselben. Der gerade vorbeigehende Voigt wird ein Zeuge des Streits, erfährt den Anlass und muss, als er den Vorfall seiner Frau erzählt, erleben, dass diese erklärt, sie würde jenes Wort ebensowenig sprechen, selbst wenn sie zerrissen würde. Darauf erhält auch sie eine scharfe körperliche Züchtigung. Ihre Magd hat es mit angesehen und überbringt es brühwarm dem Knecht im Stall, indem sie halsstarrig die gleiche Weigerung ausspricht und nun die gleiche Züchtigung empfängt. »Also ward des Körbelmachers Frau, die Vögtin und ihre Magd, alle drei auf ein Tag, eins Korbs wegen, tapfer geschlagen.«

Verweise

Homonyme, Koch