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Karneval auf den Inseln

DENKmal Nr. 2005-06.03 von hwhcerf

Aus den Berichten des großen Smullyan wusste ich, dass auf diesen Inseln nur Ritter lebten, die stets die Wahrheit sagen, und Racker, die immer lügen. Was ich noch nicht gewusst hatte, war, dass man dort auch Karneval feierte.

1. Die Tochter des Ritters

"Da - " sagte mein Gastgeber, ein Ritter, "kommt meine Tochter mit ihren zwei Freundinnen. Aber weil Karneval ist, haben sie ihre - wie sagen die Damen - 'Zweitfrisuren' untereinander ausgetauscht, so dass jetzt keine von ihnen mehr ihre echte Haarfarbe hat!"

"Und welche von den dreien ist Ihre Tochter?" fragte ich.

"Tja - " lachte er, "das müssen Sie schon selbst herausfinden - aber bitte, ohne direkt danach zu fragen!"

Also fragte ich die mit der wilden schwarzen Mähne:

"Welche Farbe hat denn Ihr Haar in Wirklichkeit?"

"Tatsächlich - " antwortete sie, "bin ich rothaarig!"

"Und wie ist das bei Ihnen?" fragte ich nun die mit der roten Locken.

"Ich - " sagte die, "bin eigentlich schwarzhaarig!"

"Ach - " unterbrach uns die Dritte mit den blonden Zöpfen, "die schwindeln doch alle beide: die echte Rothaarige bin nämlich ich!"

Darauf wusste ich natürlich, welche die Tochter des Ritters war.

2. Auf dem Racker-Ball

Am nächsten Abend war ich zu einem Racker-Ball eingeladen - was besonders verwirrend war, weil die Racker nicht nur stets das Gegenteil der Wahrheit sagen: sondern es im Karneval oft sogar vortäuschen, indem sich Mädchen als Jungen verkleiden oder umgekehrt (was bei den Rittern nicht erlaubt ist).

Deshalb sagte ich, als Arm in Arm drei Gestalten in Tanzkleidern auf mich zukamen, die auf den ersten Blick wie hübsche Mädchen aussahen, vorsichtshalber:

"Seid Ihr nun Mädchen - oder verkleidete Jungen?"

"Keine Sorge - " lachte die mittlere, "wir sind alle drei richtige Racker-Mädel!"

"Dann bist also auch Du ein echtes Racker-Mädel?" fragte ich noch mal nach.

"Ja sicher - das folgt daraus doch logisch!" erwiderte sie.

"Und was würde Deine Freundin links sagen, wenn ich sie das gleiche frage?"

"Natürlich auch ja - was denn sonst?!"

"Und Deine Freundin rechts?"

"Mann, sind Sie schwer von Begriff - klar würde die genauso ja sagen!"

Nun wusste ich schon mehr - aber noch nicht genug; deshalb wandte ich mich nun direkt an die Linke:

"Dann kann ich also sicher sein, dass unter Euch kein verkleideter Junge ist?"

"Selbstverständlich!" kicherte diese.

"Und würdest Du das gleiche sagen?" fragte ich dann an die Rechte.

"Selbstverständlich nicht!" rief die entrüstet.

Damit wusste ich endgültig, was jede der drei war.

3. Ein Maskenscherz

Da ich anscheinend - völlig zu Unrecht - durch solche Episoden in den Ruf eines großen Logikers gekommen war, lud man mich am nächsten Tag zu einem der berühmten "Ratespiele" ein:

"Dies", sagte der Spielleiter, ein Ritter, auf einen Herrn und eine Dame weisend, "sind Ihre beiden Partner, die sich - mögen sie nun Ritter oder Racker sein - jedenfalls strikt an die Regeln halten werden; und hier sind zwei weiße und zwei schwarze Masken. Wir werden jetzt das Licht ausschalten, jedem Mitspieler eine dieser Masken aufsetzen - und wenn das Licht wieder angeht, muss jeder versuchen, zu erraten, welche Farbe seine Maske hat!"

So geschah es - doch als das Licht wieder anging, entdeckte ich zu meinem Schreck, dass man zum Scherz die Augenlöcher meiner Maske verklebt hatte: ich konnte also überhaupt nicht sehen, was für Masken die anderen aufhatten - sondern nur hören, dass der Herr sagte:

"Ich kann leider nicht herausfinden, welche Farbe meine Maske hat!"

Worauf die Dame sagte: "Meine Maske ist weiß!"

Doch dann rief der Herr mir zu: "Vorsicht - sie sagt nie die Wahrheit!"

Die Dame aber widersprach: "Glauben Sie ihm nicht - er ist selbst ein Racker, der stets das Gegenteil der Wahrheit sagt!"

Zum Glück konnte ich - trotz alledem - die Farbe meiner Maske herausfinden.

∨ Lösung