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Rätsel und Puzzles

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Thermodynamik und Automobile

Biographische Rätsel, 04/1999

Er hatte viele Hobbys: Reisen, das Leben im Freien, Jagen. Besonders. aber liebte er seine Karpfenzucht. Und begründete das mit "energetischen Vorteilen": Fische seien als Kaltbluter vom energetischen Standpunkt eine bessere Investition als warmblütige Nutztiere.

Scherze dieser Art scheinen für den Physikochemiker typisch gewesen zu sein. Er soll von trockenem, manchmal sogar sarkastischem Humor gewesen sein. Bei seinen Forschungen konzentrierte er sich lange Zeit auf die Thermodynamik. Energie, Wärme, Temperatur sind daher zentrale Begriffe in seinem Lebenswerk. Er selbst hätte sich allerdings ungern als Physikochemiker bezeichnet: Lieber sah er sich als Physiker, allerdings als einen, der vor allem in der Chemie tätig ist.

Ein Physiker allerdings mit recht großem, handwerklichem Geschick: Alle Geräte in seinen Labors in Berlin sollen zumindest von ihm entworfen, oft sogar selbst gebaut worden sein. So kam es, dass er sich nicht nur unter den Nobelpreisträgern findet (amüsanterweise bekam er den Preis für Chemie, nicht den für Physik): Sein Name wurde auch in einer nach ihm benannten Lampe - genauer: einem Lampen-"strumpf" - verewigt. Außerdem entwickelte er ein nach ihm benanntes Kalorimeter.

Bei seinen selbstgeschaffenen Geräten - Feinwaagen, Wasserstoffverflüssigern oder Transformatoren - achtete er immer dar auf, mit möglichst wenig Materialaufwand ein gutes Ergebnis zu erzielen: "Er kümmerte sich nie darum, wie plump oder improvisiert seine Geräte aussahen", schreibt ein Biograph - es sei ihm ausschließlich auf das korrekte Messergebnis angekommen. Ein Verhaltensmuster, das auch in seinem Umgang mit Mitmenschen zu beobachten war. Einstein schrieb zum Beispiel über ihn: "Was ihn vor fast allen seinen Landsleuten auszeichnete, war eine weitgehende Freiheit von Vorurteilen. Er war kein Nationalist und kein Militarist. Dinge und Menschen beurteilte er fast ausschließlich nach dem unmittelbaren Erfolge, nicht nach einem sozialen oder ethischen Ideale; dies war eben die Kehrseite jener Vorurteilsfreiheit." Allerdings muss er zeitweilig auch ein schwieriger Mensch gewesen sein. Einstein schrieb höflich, manchmal sei dessen "kindliche Eitelkeit und Selbstliebe gutmütig belächelt" worden.

Kindlich war wohl auch seine Begeisterungsfähigkeit. Zum Beispiel für Automobile: Er testete ein Auto nach dem anderen und war einer der ersten Automobilbesitzer in Göttingen. Natürlich veröffentlichte er zahlreiche Arbeiten über den maximalen Wirkungsgrad von Verbrennungsmotoren und untersuchte verschiedene Treibstoffe.

Seine Schulausbildung bekam der Gesuchte in Graudenz, im heutigen Polen. Dort machte er als Klassenbester sein Abitur und beabsichtigte zunächst, Dichter zu werden. Seine Entscheidung, doch lieber Physik zu studieren (bei Weber in Zürich, Helmholtz in Berlin, Boltzmann in Graz und schließlich Friedrich Kohl rausch in Würzburg) muss heute als Glücksfall für die Physik und die Chemie gewertet werden.

Mitte dreißig hatte er bereits internationalen Ruf mit seinen Arbeiten über die Diffusion von Elektrolyten und die Verbindung von Thermodynamik und elektrochemischer Lösungstheorie erworben. Da gab es schon eine berühmte, nach ihm benannte Gleichung. 42 Jahre alt war er, als sein "Theorem" in den Nachrichten von der Gesellschaft der Wissenschaften in Göttingen abgedruckt wurde. Ein Jahr zuvor war er nach Berlin berufen worden. Besonders Max Planck soll sich sehr für diese Berufung ein gesetzt haben. Planck war es auch, der das Theorem einige Jahre später umformulierte und die Darstellung verbesserte schließlich stellte es eine wichtige Stütze seiner Quantentheorie dar.

Mit der Quantentheorie ist der Gesuchte in noch einer anderen Weise eng verbunden: Er organisierte den ersten einer Serie berühmter Kongresse in Brüssel, zu dem damals 22 führende Physiker und Chemiker eingeladen wurden, unter ihnen Lorentz, Planck, Rubens, Sommerfeld, Wien, Einstein und Lindemann.

Ein anderer Wissenschaftler, Franz Simon, widmete sein Lebenswerk dem "Theorem". Er bestätigte die Ergebnisse des Gesuchten. Allerdings verwendete Simon als zentralen Begriff die "Entropie", was ihn die Sache viel eleganter formulieren ließ. Der Gesuchte allerdings war damit gar nicht zufrieden: Seine eigene umständliche Darstellung mit Hilfe von Carnot-Prozessen behagte ihm viel mehr. Außerdem wolle er keine "Zusätze" an "seinem" Theorem. Wie seine Schüler berichteten, betonte der Physiker immer wieder in den Vorlesungen, er sei der alleinige Entdecker seines Theorems. Ein Beispiel für seine "kindliche Eitelkeit"?

Wer war der Physikochemiker?

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