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Rätselgedichte, Rätselreime

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Rätselgedicht Nr. 5620

von Friedrich Wilhelm Riemer

Rätsel

Wir sind von Brüdern eine Kämpferschar,
Die nie vom Platze weicht, nicht um ein Haar,
Und, auch gesetzt dass manchmal einer fällt,
Doch meist den Sieg, den Wahlplatz stets behält;
Geordnet in zwei Treffen steh'n wie Mauern
Wir vor dem Feind, auf den wir gierig lauern;
Und wagt er es, an uns heranzurücken,
Dann öffnet Hinterlist die beiden Reihen
Ihn vorn zu fassen und zugleich im Rücken,
Um gänzlicher Vernichtung ihn zu weihen:
Denn wie der Hagel schlägt auf Gras und Halmen
Stürzt unser Hämmer Schlag ihn zu zermalmen.

Zur Leibwacht einer Königin bestellt –
Die so das Unheil wie das Heil der Welt –
Umgeben prangend wir ihr Purpurzimmer,
Wie Marmorsäulen fest, und gleich an Schimmer.
Von Zwergen wachsen oft wir bis zu Riesen;
Doch müssen wir für solchen Hochmut büßen:
Auf Martern für uns sinnt des Menschen Hand,
Zersägt, zerspaltet, ja noch mehr, verbrannt,
So müssen seine Zwecke wir vollführen
Und bald ihm dienen, bald sogar ihn zieren,
Und oft als Nachbild früherer Gestalten
Verwirrung schlichten, Ordnung fest erhalten.

Doch auch ein schönes Los das wir erfahren!
Der Teuren Bild aufs zart'ste zu bewahren.

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Zähne

Anmerkungen

Die brüderliche Kämpferschar,
So nie vom Platze weicht, nicht um ein Haar;
Die in zwei Treffen vor dem Feinde steht,
Den sie mit Hämmerschlag zermalmend niedermäht;
Die einer Königin in purpurnem Gemache
Beschirmend zugesellt als stete Wache;
Dann wieder sich zur Riesengröß' entfaltet
Wo sie der Mensch zu seinem Zweck gestaltet:

Es muss die Schar der Zähne sein,
Die in zwei dichtgedrängten Reihn
Als glänzend feste Marmorsäulen
Am Purpurthron der Zunge weilen,
Die schönste Zierde in der Schönheit Munde;
Dann aus des Tieres ungeheurem Schlunde
In Form des Elfenbeins das Glück erfahren
Die Schönheit selbst im Abbild zu bewahren
Die Zähne sind es, einzeln und in Scharen.

Quelle

Friedrich Wilhelm Riemer: Gedichte. Bd. 1. Jena: Frommann, 1826.

Verweise

Worträtsel, Riemer