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Rätselgedichte, Rätselreime

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Rätselgedicht Nr. 2228

von Franz Brentano

Rätsel

Der Besuch

Ein schönes Kind, doch mit geschminkten Wangen,
Kam mir mit leichtem Tritte nachgegangen.
In heimliche Gemächer drang es ein,
Wollt auf dem Lager mein Genosse sein.

Ich schlug um mich; doch stört es nicht mein Tosen;
Jetzt drohend, neigt sich's jetzt mit süßem Kosen
Und spricht und singt zu mir mit Zauberstimme;
Da schwillt mein Herz von Liebe statt von Grimme.

Es nennt mir alles, was mir leid und lieb,
Und, ob es nicht gleich bei der Wahrheit blieb,
Von seinem Reiz berückt und fortgerissen,
Musst ich ihm glauben wider bess'res Wissen.

Am Becher, den es reicht, berauscht ich nippe.
Da lockt es jed' Geheimnis auf die Lippe,
Und, willenlos ihm völlig hingegeben,
Geht in ihm auf mein ganzes Sein und Leben;

Es lenkt mein Lieben all, es lenkt mein Hassen. –
Doch plötzlich fühl ich treulos mich verlassen.
Ich blick um mich; allein ich find es nimmer,
In diesem nicht, nicht in dem andern Zimmer.

»Sahst du es nicht vorübergehn? o sage!«
Man schüttelt mit dem Kopf und lacht der Frage.
Und jag' ich nach auch mit verhängtem Zügel,
Blick' in das Tal von rasch erklomm'nem Hügel —

Umsonst! das Mägdlein, das mich überwunden,
Es ist auf ewig meinem Blick entschwunden,
Es wohnet nicht hier unterm Sternenzelt.
Und doch entstammt es dieser Welt.

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(unbekannt)

Verweise

Worträtsel, Brentano, Forum